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Matratzenkrieg: Sittenwidrige Schädigungen unter Wettbewerbern

30.09.2024  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wettbewerb belebt das Geschäft, sagt man. Er erfordert auch schon mal Reaktionen im Bemühen um die Kundschaft. Das OLG Hamm hatte es in einem aktuellen Fall mit Aktionen eines Matratzenhändlers zu tun, bei denen solche „Bemühungen“ völlig aus dem Ruder liefen. Rechtsanwalt Rolf Becker aus Alfter erläutert die wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen.

Sinnfreie Bestellungen und falsche Behauptungen

Die Parteien des Verfahrens sind mit dem Vertrieb von Matratzen über Internetplattformen beschäftigt. In 2019 bestellten zwei damalige Angestellte der Beklagten in sage und schreibe 11 Fällen über Plattformen Matratzen und Matratzenauflagen bei der Klägerin.

Zu einzelnen Bestellungen wurden dann Rücksendeanträge gestellt mit Angaben, wie „Versandverpackung und Artikel beschädigt" / „Irrtümlich bestellt“ / „mit der Matratze stimmt etwas nicht“ / „Artikel entspricht nicht den Erwartungen. Kunde hat einen Ausschlag von dem Artikel erhalten." oder Beschwerden bei der Plattform eingereicht: „Wo ist meine Bestellung?", Bewertungen abgegeben etwa mit ,,Starker Chemie Geruch der Matratze, Viel zu Dünn und Weich"/ ,,Sehr unbequeme Matratze, zudem chemischer Geruch" / ,,Matratze stinkt unglaublich, habe sie schon ausgelüftet, aber nicht besser” und vergleichbaren Angaben.

Gang des Verfahrens

Es folgten Abmahnungen und Verfügungsverfahren vor dem LG Paderborn. Die beklagte Händlerin verteidigte sich mit der Angabe, sie habe keine Mitarbeiter beauftragt, solche Bestellungen zu tätigen oder unwahre Tatsachen zu behaupten. Abgesehen davon könne man Produkte zu Testzwecken erwerben und Äußerungen tätigen, solange diese nicht unwahr seien oder die Grenze der Schmähkritik überschreiten würden. Das LG Paderborn erließ im Eilverfahren eine Einstweilige Verfügung (Beschluss vom 13.12.2019, Az. 6 0 50/19). Die Beklagte gab aber keine Abschlusserklärung ab. Mit einer solchen Erklärung kann man die vorläufige Verfügungsentscheidung anerkennen und sie einem im normalen Klageverfahren erstrittenen Urteil gleichstellen. Da dies nicht geschah, erfolgte eine weitere Klage, diesmal im normalen Hauptsacheverfahren und mit Anträgen auf Auskunft, Feststellung von Schadensersatzverpflichtung und der Einforderung von Abmahnkosten. Dass die Mitarbeiter der Beklagten I. und Y. eigenverantwortlich und selbstständig und ohne Kenntnis der Beklagten vorgegangen seien, sei völlig abwegig und lebensfremd, so die Klägerin in der weiteren Begründung. Das LG Paderborn gab den Anträgen statt bis auf den Auskunftsantrag. Beide Parteien gingen in Berufung.

Nach den Feststellungen des in der II. Instanz für das Berufungsverfahren zuständigen OLG Hamm

„liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die von I. und Y. im Rahmen der vorbeschriebenen Bestellvorgänge aufgestellten Behauptungen der Wahrheit entsprachen.“

Die Richter des OLG wiesen die Parteien in einem Hinweisbeschluss mit Begründung darauf hin, dass beide Berufungen keine Aussicht auf Erfolg hätten. Das fruchtete aber nicht. Entsprechend fiel dann das Urteil aus.

Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung

Auch die Richter des OLG Hamm sahen in den geschilderten Maßnahmen den Tatbestand der „sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung im Sinne des § 826 BGB“ erfüllt. Schon die Veröffentlichung nachteiliger Äußerungen über die Klägerin oder nachteilige Äußerungen über die Klägerin gegenüber einzelnen Dritten (hier gegenüber den Plattformbetreibern) stellen verbotene Eingriffe in die Rechtssphäre der Klägerin dar. Ein rechtlich anerkennenswertes Interesse sei „nicht einmal im Ansatz zu erkennen“. Die Aktion, so die Richter im Hinweisbeschluss:

„dient offenkundig allein dem Zweck, das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit und bei den Plattformbetreibern als ihren Vertragspartnern zu schmälern und die Klägerin systematisch mit der Abwicklung sinnloser Bestellungen und anschließender sinnloser Retourenvorgänge zu belasten.“

Zurechnung des Verhaltens der Mitarbeiter

Die wichtige Frage, ob sich die Beklagte, die ja jeden Auftrag bestritten hatte, das Verhalten der eigenen Mitarbeiter zurechnen lassen musste, wurde bejaht. Die Beklagte hätte im Rahmen einer sog. „sekundären Darlegungslast“ zumindest erklären müssen, welche Maßnahmen sie nach der Abmahnung getroffen hatte, den Sachverhalt aufzuklären. Das bloße Bestreiten eines Auftrags und die Benennung eines Zeugen reichte den Richtern nicht aus.

Fazit

Im „Krieg der Matratzen“ sind hier die Aktionen eindeutig über die Stränge geschlagen. Es ist schon richtig, dass man beim Wettbewerb auch Testbestellungen machen kann und es sind im Rahmen der Meinungsfreiheit auch wertende Äußerungen über Mitbewerber in einem gewissen Rahmen zulässig. Immer verboten sind aber falsche Tatsachenangaben, also Angaben, die nicht nur eine Meinung wiedergeben, sondern Umstände, die sich beweisen lassen. Wer damit absichtlich „arbeitet“, um den Konkurrenten zu schädigen, der macht sich schadensersatzpflichtig und unter Umständen sogar strafbar.

Das komplette Urteil finden Sie hier.

Bild: geralt (Pixabay, Pixabay License)

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