12.07.2016 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Lesen hier noch einmal die lohnsteuerlichen Grundlagen nach »
Wie nachfolgende Fallstudie aus der lohnsteuerlichen Praxis aufzeigt, ist beim Zusammenspiel von Sachbezugsfreigrenze und Aufmerksamkeitenfreigrenze sorgfältig zu differenzieren:
Der Sachverhalt
Ein Arbeitgeber beabsichtigt, anlässlich der bevorstehenden Viertelfinal- und Halbfinal-Spiele für seine Arbeitnehmer ein Public-Viewing in den Geschäftsräumen durchzuführen.
In diesem Zusammenhang kauft er bei einem Getränkelieferanten Getränke (Softdrinks, Bier und Wein), die in der Teeküche für die Arbeitnehmer bereitgestellt werden.
Darüber hinaus bestellt er bei einem Party-Service kalte Platten mit Schnittchen, diversen Salaten und Knabbereien.
Die Lösung des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber würdigt den Sachverhalt lohnsteuerlich wie folgt:
Er ist sich im Klaren darüber, dass es sich nicht um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handelt, weil das Interesse des Arbeitgebers an der Verbesserung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Arbeitnehmer und der Verbesserung des Betriebsklimas vom Arbeitslohncharakter der Zuwendungen überlagert wird.
Er ordnet die Aufwendungen für die Getränke den Aufmerksamkeiten und die Aufwendungen für die kalte Platten mit Schnittchen, diversen Salaten und Knabbereien den (grundsätzlich) steuerpflichtigen Sachbezügen zu.
Dabei vertritt er die Auffassung, dass es sich bei den spendierten Getränken um Aufmerksamkeiten nach Maßgabe von R 19.6 Absatz 2 LStR handelt. Hinsichtlich der Aufwendungen für die kalten Platten handelt es sich zwar grundsätzlich um Arbeitslohn, der seiner Ansicht nach hier nicht der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist, weil die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro monatlich einschließlich Umsatzsteuer nicht überschritten ist.
Die richtige Lösung
Die Lösung des Arbeitgebers würde einer Überprüfung durch das Betriebstättenfinanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung nicht standhalten.
Bei vorliegender Sachverhaltsgestaltung handelt es sich um einen Vorgang, der nicht in zwei unterschiedliche Bestandteile zerlegt werden kann. (Einheitlicher) Anlass für die Bewirtung der Arbeitnehmer ist ein Fußballspiel, welches im Rahmen eines Company Viewings gemeinsam angeschaut werden soll. In diesem Zusammenhang werden die Arbeitnehmer mit Getränken und Schnittchen versorgt.
Es handelt sich um eine einheitliche Bewirtung, die nicht in die Bestandteile Getränke als Aufmerksamkeiten einerseits und Schnittchen als Sachzuwendungen andererseits aufgeteilt werden kann.
Soweit die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro pro Arbeitnehmer nicht überschritten ist, kann eine Lohnversteuerung unterbleiben.
Ist die Sachbezugsfreigrenze hingegen überschritten, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers vollumfänglich der Lohnversteuerung zu unterwerfen. Weil davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht mit den Steuerabzugsbeträgen belasten möchte, kann alternativ eine Pauschalversteuerung nach § 37b EStG mit einem Steuersatz von 30 % erfolgen. Bitte beachten Sie, dass sowohl bei einer individuellen Lohnversteuerung als auch bei einer pauschalen Lohnversteuerung nach § 37b EStG eine Verbeitragung zur Sozialversicherung durchzuführen ist.
Wenn die Bewirtung durch den Arbeitgeber nicht unmittelbar im Betrieb, sondern außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers, z. B. in einem Restaurant oder in einer Kneipe gewährt wird, kommt die Sonderregelung für Aufmerksamkeiten nicht in Betracht. R 19.6 Absatz 2 LStR kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Getränke und Genussmittel den Arbeitnehmern unmittelbar zum Verzehr im Betrieb überlassen werden. Danach sind Getränke und Genussmittel, mit denen die Arbeitnehmer in einem Restaurant oder einer Kneipe bewirtet werden, nicht als Aufmerksamkeiten, sondern als Arbeitslohn anzusehen.
Eine Steuerbefreiung kommt nur dann in Betracht, wenn der Wert der Zuwendungen die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigt.
Möglicherweise kann es sich bei Company Viewing auch um eine Betriebsveranstaltung handeln. Eine Betriebsveranstaltung ist eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene, die gesellschaftlichen Charakter hat.
Voraussetzung für eine Betriebsveranstaltung dem Grunde nach ist, dass diese Veranstaltung allen Teilnehmern offen steht und dass es sich nicht um die Bevorzugung einer bestimmten Arbeitnehmergruppe handelt. Dies ist der Fall, wenn die Teilnahme nur einem bestimmten Kreis von Arbeitnehmern vorbehalten ist, z. B. nur für leitende Angestellte, Außendienstmitarbeiter oder Arbeitnehmer, die sich besonders verdient gemacht haben. Darüber hinaus dürfen nur maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich durchgeführt werden.
Der Höhe nach liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn immer nur dann vor, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers pro Arbeitnehmer den Freibetrag in Höhe von 110 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen.
Werden mehr als zwei Betriebsveranstaltungen jährlich durchgeführt, z. B. Company Viewing, Sommerfest und Weihnachtsfeier, handelt es sich bei der Veranstaltung, bei der die o.g. Voraussetzung nicht vorliegen, um eine unübliche Betriebsveranstaltung und damit um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Arbeitgeber kann nach Maßgabe von § 40 Absatz 2 Nr. 2 EStG eine pauschale Lohnversteuerung mit einem Steuersatz von 25 % durchführen. Eine Verbeitragung zur Sozialversicherung kann aufgrund der Pauschalversteuerung unterbleiben.
Liegen die Voraussetzungen für eine Betriebsveranstaltung vor, handelt es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung und damit um eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, die keinen Arbeitslohncharakter hat.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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