27.11.2015 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Rechtsanwaltskammer Düsseldorf.
„Das hat der Fall der Kassiererin Emmely gezeigt. Weil sie zwei ihr nicht gehörende Flaschenpfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte, kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos. Erst das Bundesarbeitsgericht kassierte die Kündigung wieder ein“, erinnert sich der Präsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons aus Duisburg.
Ein kürzlich vom Arbeitsgericht Hamburg durch Urteil vom 10.07.2015 (Az.: 27 Ca 87/15) entschiedener Fall nahm einen ähnlichen Verlauf. Dort wehrte sich eine Krankenschwester gegen ihre fristlose Kündigung. Sie war bei der Arbeitgeberin, die in Hamburg mehrere Krankenhäuser betreibt, im Jahre 1991 angestellt worden. Im Pausenraum des Arbeitsplatzes wurden in einem Kühlschrank belegte Brötchen gelagert, die für externe Mitarbeiter, wie z.B. Rettungssanitäter, bestimmt waren. Eines Morgens entnahm die Krankenschwester dem Kühlschrank acht belegte Brötchenhälften und stellte diese in den eigenen Pausenraum, wo sie zur Hälfte von der Krankenschwester, zur anderen Hälfte von sonstigen Mitarbeitern verzehrt wurden. „Als die Krankenschwester später zu dem Vorgang angehört wurde, räumte sie den Verzehr umgehend ein und begründete ihr Verhalten damit, dass ihr eigenes Essen aus dem Kühlschrank gestohlen worden sei. Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin fristlos“, fasst Rechtsanwalt und Notar Schons den Sachverhalt weiter zusammen.
Die Kündigungsschutzklage hatte Erfolg. Die Entwendung geringwertiger Sachen könne, so das Arbeitsgericht, zwar grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Allerdings: Auch bei gegen das Eigentum des Arbeitgebers gerichteten Handlungen sei eine Abmahnung nicht grundsätzlich entbehrlich. Vielmehr sei in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls eine Prüfung erforderlich, ob verloren gegangenes Vertrauen durch eine Abmahnung wieder hergestellt werden könne, betonten die Hamburger Arbeitsrichter. Dabei sei zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, „ob er bei seiner Vertragspflichtverletzung offen oder heimlich gehandelt hat und wie er – angesprochen auf seine Verfehlung – mit den Vorwürfen umgeht“. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Kündigung im konkreten Fall unverhältnismäßig gewesen sei. Zuvor hätte eine Abmahnung als milderes Mittel und zur Objektivierung einer negativen Prognose ausgesprochen werden müssen.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die über die Wirksamkeit einer Kündigung streiten, sollten einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Rate ziehen.
Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 10.07.2015 (Az.: 27 Ca 87/15)
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