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Experten zeigen funktionierendes Energiemanagement in Dörfern

20.08.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES.

Intelligentes Energiemanagement funktioniert auch in dörflichen Strukturen und führt zu spürbaren Kostensenkungen. Dies zeigt das erfolgreich abgeschlossene Projekt „Energiemanagementsystem Eichhof” (EMSE) in Kassel.

Wie ein solches System in der Praxis aussehen kann, demonstrierten die Wissenschaftler auf dem Areal des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen bei Bad Hersfeld. „Über eine gezielte Steuerung auch vergleichsweise kleiner Verbraucher kann man viel erreichen“, berichtet Gruppenleiter und EMSE-Projektbetreuer Jan Ringelstein. „Wir haben in dem Projekt den Nachweis erbracht, dass Biogasanlagen nicht nur elektrische Grundlast liefern, sondern im Zusammenspiel mit Verbrauchern auch netz- und marktorientiert betrieben werden können“.

Hessisches Biogasforschungszentrum am Eichhof bei Bad Hersfeld aus der Luft.
Hessisches Biogasforschungszentrum am Eichhof bei Bad Hersfeld aus der Luft. Foto: Fraunhofer IWES, Tom Prall

„Nicht nur Städte und Kommunen mit ihrem enormen Energiebedarf, sondern auch kleine Ortschaften können und wollen ihren Beitrag zur Energiewende leisten“, betont der langjährige EMSE-Projektleiter Gerd Heusel. Das im Rahmen des Projektes entwickelte und am nordhessischen Eichhof aufgebaute und getestete Energiemanagementsystem biete neue Möglichkeiten, um den Verbrauch sowie die Erzeugung und Bereitstellung von Energie auch in kleinem Maßstab automatisiert und intelligent zu steuern. „Wir können den Eichhof jetzt besser ins elektrische Netz integrieren“, erklärt Heusel.

Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), eine Informations- und Weiterbil-dungseinrichtung des Landes am Eichhof bei Bad Hersfeld, bietet ein ideales Testareal für ein solches Gesamtsystem. Mit seinen vielfältigen und über das Gelände verteilten Einheiten – Ställen, Wohn- und Verwaltungsgebäuden, Werkstätten, Laboren sowie der Infrastruktur zur Trocknung und Silage – hat es ein ähnliches Energiebedarfsprofil wie ein Dorf. Im Zuge des vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Projektes bauten die IWES-Experten auf dem acht Hektar großen Gelände eine umfangreiche Infrastruktur auf – vom Feldbussystem bis hin zu den individuell angefertigten Bedieneinheiten für einzelne Verbraucher. Die Softwarearchitektur basiert auf dem vom Fraunhofer IWES entwickelten Framework OGEMA.

Gemeinsam mit den Mitarbeitern des Landesbetriebs identifizierten die Wissen-schaftler acht für das Projekt geeignete Verbraucher, deren Energieverbrauch gemessen, abgebildet und gesteuert wurde. Die erste Verbrauchergruppe, unter anderem die Schrotmühle zur Produktion von Tierfutter, die Güllepumpe sowie Öfen zur Verbrennung von Laborproben und eine Spülmaschine im Laborbereich, können die Mitarbeiter manuell zum Start vorbereiten. Die zweite, zum Beispiel das Rührwerk für das Rühren von Gärresten, ist automatisch über das Energiemanagementsystem steuerbar. Der Eichhof bezieht den Großteil seiner Energie von den Stadtwerken Bad Hersfeld. Als steuerbaren Erzeuger integrierten die IWES-Fachleute darüber hinaus die Leistung der biogasbetriebenen Mikrogasturbine in ihr Testsystem sowie als fluktuierende Erzeuger drei Photovoltaik-Anlagen.

Um das System technisch zu evaluieren, testeten das Projektteam und Mitarbeiter des Eichhofs in einem viermonatigen Feldversuch zwei Dienstleistungen und stellten die Messwerte des gemanagten Betriebs denen des nicht gemanagten Betriebs gegenüber. Mit dem Modell „Spitzenlastmanagement“ konnte eine Minimierung der Spitzenlast und damit die Senkung der Gesamtenergiekosten um rund sieben Prozent und des Leistungspreises um 20 Prozent erreicht werden. Im Modell „Variable Tarife“ wurde der Betrieb der Verbraucher auf den jeweiligen Spotmarktpreis der Leipziger Strombörse abgestimmt und damit Niedrigtarifzeiten optimal ausgenutzt. Das Gesamteinsparpotenzial belief sich hier auf rund neun Prozent. Gleichzeitig konnten mit diesem Steuerungsmodell auch Lastspitzen reduziert werden.

„Beide Modelle haben den Praxistest bestanden“, sagt Ringelstein. EMSE sei ein zielführendes Energiemanagementsystem, das auf Dörfer mit vergleichbaren Strukturen übertragbar sei und sich durchaus zu einem neuen Geschäftsmodell entwickeln könne, erklärt der Experte abschließend.

 

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