01.08.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: DIE FÜHRUNGSKRÄFTE e.V..
Das ist eines der wesentlichen Ergebnisse einer aktuellen Studie, die das „Europa-Institut Erfahrung & Management — METIS“, eine Forschungseinrichtung der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH) und der Fachhochschule Burgenland (Österreich) mit dem Projektpartner FHS St. Gallen (Schweiz), als Online-Befragung von 600 Führungskräften in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt hat. „Wir haben diese Studie gern begleitet und unterstützt, weil wir schon länger die Vermutung hatten, dass es bei der Wertschöpfung von Erfahrungswissen deutliches Verbesserungspotenzial in den Unternehmen gibt. Dieser Verdacht hat sich mit dieser Umfrage bestätigt und die Ergebnisse werden hoffentlich zu einer stärkeren Sensibilisierung für dieses Thema beitragen“, so Dr. Ulrich Goldschmidt, Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes DIE FÜHRUNGSKRÄFTE-DFK.
85 Prozent der Befragten in Österreich, der Schweiz und Deutschland wissen um die Bedeutung der Erfahrung für den wirtschaftlichen Erfolg. Fast alle Führungskräfte (85 Prozent) sehen die Bedeutung von Erfahrung für ihr Geschäft sehr wichtig (45 Prozent) oder für ziemlich wichtig (41 Prozent) und halten Erfahrung für eine Grundlage des Erfolgs ihrer Unternehmen (sehr wichtig: 43 Prozent bzw. ziemlich wichtig: 35 Prozent). Fast alle befragten Führungskräfte tragen, so die Selbsteinschätzung, selbst zum Austausch von Erfahrung bei und erklären, dass sie sich sehr (67 Prozent) oder ziemlich (23 Prozent) für Offenheit, Vertrauen und Fairness in ihrem Umfeld einsetzen. Gleichzeitig gibt aber nur ein Viertel der Führungskräfte an, den Austausch von Erfahrung in ihrem Unternehmen uneingeschränkt zu unterstützen.
Vier Aufgabenbereiche werden von den Führungskräften genannt, für die Erfahrung als besonders relevant angesehen wird: Lösen von operativen Problemen, Fällen von Entscheidungen, Erkennen von komplexen Zusammenhängen und Bewältigung von Krisen. Führungskräfte sind sich offenbar der Bedeutung von Erfahrungswissen in einer sich verändernden Unternehmens- und Arbeitswelt bewusst. Sie bestätigen damit implizit die Hypothese, dass Wissen nur im Zusammenhang mit Erfahrung wirksames Know-how produziert.
Umgekehrt wurde auch gefragt: Wie wirkt sich ein Mangel an Erfahrung im Arbeitsalltag der Führungskräfte aus? Am häufigsten werden gestiegene Kosten, Verzögerungen, operative Planungsfehler und ineffiziente Organisation genannt. Das bestätigt die Annahme, dass Erfahrung operative Konfliktkosten verringert. „Es hat uns allerdings überrascht, dass Führungskräfte Entscheidungsfehler vergleichsweise etwas weniger deutlich auf den Mangel an Erfahrung zurückführen“, erklären die Wissenschaftler. Die Vermutung, dass mittlere Unternehmen im deutschsprachigen Raum den Erfahrungsaustausch methodisch stärker unterstützen als große Betriebe (mehr als 500 Beschäftigte), konnte nicht bestätigt werden. In großen Unternehmen werden nach Angaben der befragten Führungskräfte mehr Weiterbildung, moderierter Erfahrungsaustausch, Mentoring, schriftliche Berichte und systematische Nachfolgeplanung angeboten als in mittleren Unternehmen. „Man sollte glauben, wenn es um Erfahrung geht, dann schlagen flexiblere kleine Unternehmen formal durchorganisierte Großbetriebe. In Wahrheit läuft es umgekehrt, weil die kleineren Unternehmen sagen, dass sie keine Zeit haben, sich darum zu kümmern und so einen strategisch wichtigen Vorteil verschenken“, resümiert Prof. Dr. Dr. Sebastian Eschenbach von der FH Burgenland.
Typische Wissensmanagementmethoden wie Intranets oder Social Media-Plattformen, Experten-Netzwerke wie Communities of Practice oder Methoden zum moderierten Wissens- und Erfahrungsaustausch wie World Cafés oder Storytelling werden nur selten eingesetzt und auch skeptischer beurteilt. "Erstaunlich fand ich, dass das Potenzial neuerer Methoden von Erfahrungsaustausch wie World Cafés oder Online-Plattformen selbst bei jüngeren Managern noch wenig erkannt ist", erklärt Prof. Dr. Edith Maier (FHS St. Gallen).
Mit den Ergebnissen der Studie wollen die Hochschulen dazu beitragen, ein neues Forschungsfeld zu eröffnen, das auf den „Prozess der Erfahrungssicherung“ in Unternehmen und mittelfristig auf die Entwicklung einer Didaktik zum Transfer von Erfahrungswissen abzielt. „Wir wollen die Kategorie „Erfahrungswissen“ sichtbar machen und neue Anstöße in die Debatte um effiziente und effektive Organisationsstrukturen geben“, so Dr. Werner Bruns (Senior Fellow, RFH Köln).
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