07.08.2019 — Jasmin Dahler. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
2011 war das Social Media Jahr: Demonstranten des Arabischen Frühlings nutzten Facebook und Twitter, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Menschen, die sonst wenig miteinander zu tun hatten, diskutierten im virtuellen Raum und wurden sogar gemeinsam aktiv. Social Media stand damals noch für Gemeinschaft und Meinungsfreiheit.
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Heute, nur acht Jahre später, hat sich das drastisch geändert. Die Qualität der Beiträge ist banal geworden, es kommt nur darauf an, möglichst viele Likes abzugreifen und eine hohe Follower-Zahl zu generieren.
Doch was kann man tun, damit Social Media seinen Namen wieder verdient? Wie können neue Dialoge anstatt nach Likes gierende Monologe entstehen? Wann werden aus Followern wieder Gesprächspartner mit einer eigenen Meinungen?
Twitter CEO Jack Dorsey würde, wenn er Twitter noch einmal gründen müsste, dieses anders gestalten. Die Zahl der Follower und Likes würde eine deutlich untergeordnete Rolle spielen. Vorausgesetzt, er würde diese Funktion überhaupt nochmal einbauen.
Eine interessante Idee, da insbesondere die Zahlen der Follower und Likes ein wichtiges Messinstrument darstellen, um die Relevanz eines Post zu messen. Mehr noch: Diese kleinen Icons und Zahlen können ein Glückshormon in unserem Gehirn auslösen. Daher macht es auch so glücklich, wenn Facebook mitteilt, dass bereits zehn Personen einen Beitrag mit „Gefällt mir“ markiert haben. Ganz egal, ob sie dabei einen Kommentar hinterlassen oder nicht.
Genau dieses Phänomen bietet der Werbung natürlich Vorteile. Denn diese will selten diskutieren, sondern Follower und Likes generieren, die schließlich zu Käufern und Umsatz werden. Kein Wunder, dass Influencer und Blogger in den letzten Jahren regelrecht aus dem Boden geschossen sind.
Doch was liked ein Großteil der Internetgemeinschaft? Sind es fachliche oder ethische Diskussion oder doch nicht eher das süße Tierbaby oder der nächste Skandal eines Promis?
Das Problem, das sich ergibt, ist das, was überrascht, provoziert und sensationell ist, mehr Follower und Likes generiert. Natürlich kostest es weniger Zeit, bei einem witzigen Bild kurz auf „Gefällt mir“ zu klicken, anstatt einen sachlichen Kommentar bei einer politischen Diskussion zu hinterlassen. Hinzu kommt, dass wenn wir vermehrt lustige Bilder liken, noch weitere Inhalte dieser Art durch den jeweiligen Algorithmus in unserer Timeline landen und politische Diskussionen immer weiter verschwinden. Schlimmer noch: Themen, die uns vielleicht interessieren würden, bekommen wir niemals zu Gesicht und wir erhalten nur noch die Meinung, die wir selbst schon vertreten, angezeigt. Die Themenblase wird immer enger, bis wir nur noch das bekommen, was wir bereits kennen und was uns keine neuen gedanklichen Impulse mehr gibt.
Instagram geht einen gewagten Schritt. In Kanada werden während eines Testlaufs die Zahlen der Likes und Follower nicht mehr angezeigt. Das macht es für Influencer zwar schwieriger, sich eine Community aufzubauen, aber das Auge sieht wieder dahin, wo es ursprünglich auch hinsehen sollte - auf die Bilder. Instagram will vielleicht sogar noch weiter gehen: den Popularitätwettbewerb beenden und die Follower-Zahl der Accounts ganz abschalten.
Auch Twitter möchte sich ändern, wie bereits aus Jack Dorseys Vorstellung hervorging. Anstatt weiter sinnlos durch den Newsfeed zu scrollen, sollen die Nutzer*innen schnell und einfach an spezifische Informationen mit einem echten Mehrwert gelangen. Anderen Personen soll auf Twitter nicht mehr gefolgt werden können. Stattdessen soll es künftigmöglich sein, Hashtags oder Themengebieten zu folgen. Damit bestehe die Möglichkeit, direkt nach dem gewünschten Thema zu filtern und sich nur diese Informationen anzusehen.
Facebook-Gruppen bieten bereits einen gezielten Informationsaustausch. Der große Vorteil der Gruppe ist ein Moderator, der auch auf einen ordentlichen Umgang miteinander achtet. Denn was sich in den letzten Jahren bei Social Media auch geändert hat, ist der Tonfall. Beleidigende Begriffe, Hasskommentare, Cybermobbing und eine regelrechte Online-Hetze beflecken die einst schöne Idee, ohne Barrieren miteinander zu kommunizieren. Daher setzen die Plattformen vermehrt auf Algorithmen, die Beleidigungen erkennen und herausfiltern. Zwar kann nichtannährend die Hälfte herausgefiltert werden, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung - solange dies nicht für Zensur missbraucht wird.
Ja, Sie hören das vermutlich oft. Nicht nur die großen Konzerne und Politiker*innen müssen etwas tun, sondern auch wir selbst. Die User*innen bestimmt den Inhalt der Plattformen mit. Die Frage ist, was wollen wir? Süße Tierbabyfotos oder sinnvolle Diskussion und relevante zuverlässige Informationen. Oder besser noch: beides.
Quellen und Hintergründe:
Bild: rawpixel.com (Pexels, Pexels Lizenz)
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