25.04.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: id Verlags GmbH.
In dem Rechtsstreit ... hat das Amtsgericht Schöneberg, WEG Abteilung 770, Ringstraße 9, 12203 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 20.01.2016 durch die Richterin am Amtsgericht für Recht erkannt:
Die Beklagte ist Mitglied der aus dem Rubrum ersichtlichen klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Hausverwaltung ist gemäß Verwaltervollmacht vom 16.12.2010 ermächtigt, die Klägerin außergerichtlich und gerichtlich zu vertreten, vgl. Bl. 53 d.A.. Auf der Eigentümerversammlung vom 25.04.2012 fassten die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft folgenden Beschluss, lfd. Nr. 76 der Beschlusssammlung, vgl. Kopie Bl. 56 d. A.:
"Bepflanzung auf dem Gemeinschaftsgrundstück
Jeder Bewohner ist eingeladen, im Hofbereich zu pflanzen und zu pflegen, was ihm gefällt. Hierfür entstehende Kosten sind vom jeweiligen Bewohner selbst zu zahlen. Niemand darf Pflanzen entfernen. In der Eigentümerversammlung 2013 soll abgestimmt werden, was davon bleiben kann und was vom jeweiligen Bewohner wieder entfernt werden muss und/oder ob eine Gartenplanung beauftragt werden soll."
Die Beklagte pflanzte daraufhin im maßgeblichen Gemeinschaftsbereich Edelhölzer wie Bodendeckerrosen, japanischen Fächerahorn, Zierapfel und anderes. Auf der Eigentümerversammlung vom 10.06.2014 fassten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss, vgl. lfd. Nr. 95 der Beschlusssammlung, Kopie Bl. 13 d.A.:
"Erstellung einer Gartenplanung
Die Gemeinschaft wünscht, den Garten weiterhin in Eigenregie zu bepflanzen und zu pflegen. Seitens der Gemeinschaft wird grundsätzlich gewünscht, dass der Naturgartencharakter erhalten bleibt. Herr ### organisiert einen Termin an dem interessierte Eigentümer teilnehmen können und bei dem die Wünsche der Bewohner besprochen und umgesetzt werden können. Es kann eine Gartenbaufirma hinzugezogen werden. Arbeiten für Gesamtkosten von maximal 1000 Euro sollen durch die Verwaltung nach Weisung der involvierten Miteigentümer, nach Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat, in Auftrag gegeben werden."
Im August 2014 trafen sich die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft im Gartenbereich des Grundstücks, um zukünftige Arbeiten im Garten zu besprechen und zu planen. Mit Aushang vom 9.09.2014 wurde der am 23.09.2014 stattfindende Termin mit der zu beauftragenden Gartenbaufirma bekannt gegeben. Am Termin vom 23.09.2014, an dem die einzelnen durchzuführenden Arbeiten besprochen wurden, nahm auch die Beklagte teil. Der Miteigentümer ### erstellte im Nachgang eine entsprechende Zusammenfassung, die am schwarzen Brett für alle Eigentümer sichtbar ausgehängt wurde und zusätzlich der Beklagten in den Briefkasten eingeworfen wurde. Gemäß dieser Zusammenfassung war u.a. beabsichtigt, 8 Stück Natursteintrittplatten sowie 3 Stück Findlinge zu verlegen und die mittlere Fläche von altem Gehölz (Ahorn) zu befreien und mit Efeu zu bepflanzen, vgl. Kopie Bl. 74 d. A..
Die beauftragte Gartenbaufirma führte entsprechende Arbeiten auf dem Grundstück der Klägerin am 18.11.2014 aus. Daraufhin riss die Beklagte am selben Tag einzelne frisch gepflanzte Efeupflanzen heraus und räumte die Natursteintrittplatten zur Seite. Die Gartenbaufirma wurde sodann mit der Beseitigung dieser Beschädigungen beauftragt. Die entsprechenden Arbeiten erfolgten am 21.11.2014 und verursachten Kosten in Höhe von insgesamt 227,94 Euro, vgl. Rechnung vom 24.11.2014, Bl. 17-19 d. A.. Die Beklagte riss daraufhin nochmals frisch gepflanzte Efeupflanzen aus dem Gemeinschaftsgartenbereich heraus. Die Wiederherstellungskosten hierfür belaufen sich gemäß Angebot der Gartenbaufirma vom 24.11.2014 auf 388,40 Euro, vgl. Kopie Bl. 22-24 d. A.. Die Beklagte wurde von der Hausverwaltung mit Schreiben vom 21.11.2014 zur Wiederherstellung der Gartenfläche unter Fristsetzung bis zum 25.11.2014 und Nachfristsetzung zum 28.11.2014 aufgefordert. Eine Wiederherstellung durch die Beklagte erfolgte nicht.
Wegen der von der Beklagten verursachten Beschädigungen erbrachte auch die Hausverwaltung der Klägerin Sonderleistungen, die sie der Klägerin mit 440,00 Euro in Rechnung stellte, vgl. Bl. 20 d. A.. Wegen der Einzelheiten zu den abzurechnenden Sonderleistungen wird auf die Aufstellung vom 10.12.2014, Kopie Bl. 21 d. A., verwiesen. Mit anwaltlichen Schreiben wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 24.12.2014 aufgefordert, den Schaden zu begleichen. Die Beklagte lehnte dies ab.
Die Beklagte hatte zudem Kürzungen an den monatlichen Hausgeldzahlungen für 2014 vorgenommen zum Zwecke der Verrechnung der ihr für die in Eigenregie erfolgte Gartenbepflanzung entstandenen Kosten. Der Rückstand belief sich auf insgesamt 157,06 Euro zzgl. 5,00 Euro Mahnkosten, insgesamt 162,06 C. Die Klägerin hatte wegen dieses Betrages Mahnbescheid beim Amtsgericht Wedding beantragt, der der Beklagten am 27.01.2015 zugestellt worden war. Nachdem die Beklagte hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, verfolgte die Klägerin diesen Anspruch innerhalb dieses Verfahrens weiter. Im Sommer 2015 erfolgte die Verrechnung des Betrages von 162,06 Euro mit dem Guthaben aus der Wohngeldabrechnung 2014, so dass die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von 162,06 Euro einschließlich Zinsen für erledigt erklärt hat.
Die Klägerin beantragt somit noch gemäß der der Beklagten am 08.08.2015 zugestellten Anspruchsbegründung vom 10.03.2015,
Die Beklagte hat sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen, vgl. Protokoll vom 20.01.2016 Bl. 73 d. A., Im Übrigen beantragt sie, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, dass die Hausverwaltung die entsprechenden gärtnerischen Maßnahmen ohne Beschlussfassung der Wohnungseigentümer beauftragt habe und es insbesondere keinen Beschluss über die Verlegung der Steinplatten und der Findlinge gebe. Sie behauptet ferner, dass das gepflanzte Efeu den alten Baumbestand gefährde ebenso wie die von ihr gepflanzten Edelhölzer. Sie behauptet zudem, dass sie nicht die einzige gewesen sei, die an den Pflanzen und an den Steinen verändernd tätig gewesen sei. Insbesondere sei ca. einen Monat nach Verlegung der Steine von Herrn ### eine Schubkarre Efeu abgefahren worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Klage, die vor dem gemäß § 43 Nr. 2 WEG zuständigen Gericht erhoben wurde, ist zulässig. Die Prozessführungsbefugnis der Verwalterin folgt aus der Verwaltervollmacht vom 16.12.2010, vgl. Bl. 53 d.A.. Die Klage ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung des für die ordnungsgemäße Wiederherstellung der gärtnerischen Gestaltung erforderlichen Betrags in Höhe von 1056,34 Euro gemäß § 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 303 StGB i. V. m. dem gemeinschaftsrechtlichen Sonderverhältnis zu. Denn die Beklagte hat durch ihr eigenmächtiges Entfernen von Efeupflanzen und Natursteinplatten vorsätzlich und schuldhaft in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen, denn die von der Hausverwaltung beauftragten gärtnerischen Gestaltungsmaßnahmen betrafen das Gemeinschaftseigentum.
Soweit die Beklagte behauptet, dass es sich um ein eigenmächtiges Handeln der Hausverwaltung handele, da die entsprechenden gärtnerischen Maßnahmen ohne Beschlussfassung der Wohnungseigentümer beauftragt worden seien, ist dies nicht zutreffend. Denn die Mitglieder der Klägerin haben auf ihrer Wohnungseigentümerversammlung vom 10.06.2014, lfd. Nr. 95 der Beschlusssammlung, beschlossen, dass eine Gartenbaufirma hinzugezogen werden kann und Arbeiten für Gesamtkosten von maximal 1000 Euro durch die Verwaltung nach Weisung der involvierten Miteigentümer, nach Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat, in Auftrag gegeben werden sollen. Es entsprach insoweit auch der Willensbildung der Gemeinschaft, dass ca. 8 Natursteinplatten verlegt werden und zur weiteren Gestaltung 3 Findlinge zum Einsatz kommen, vgl. insoweit die Zusammenfassung vom 23.09.2014, Bl. 74 d.A..
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der zu Grunde liegende Beschluss nichtig wäre. Und selbst dann, wenn es an einer Ermächtigung der Verwaltung zur Beauftragung der von der Beklagten sodann wieder zerstörten gärtnerischen Maßnahmen gefehlt hätte, wäre die Beklagte nicht berechtigt gewesen, eigenmächtig diese gärtnerische Gestaltung zu beseitigen. Ein derartiges Selbsthilferecht hätte ihr unter dem Gesichtspunkt der Notgeschäftsführung, § 21 Abs. 2 WEG, nicht zugestanden.
Die Beklagte war zu Beseitigung der Efeupflanzen auch nicht etwa deshalb berechtigt, weil, wie von ihr lediglich pauschal und ohne Beweisantritt behauptet, das gepflanzte Efeu den alten Baumbestand und die von ihr gepflanzten Edelhölzer gefährde. Unabhängig davon, dass es insoweit an einem hinreichend substantiierten Vortrag der Beklagten fehlt, vermag eine etwaige Beeinträchtigung der von der Beklagten gepflanzten Edelhölzer bzw. des sonstigen Baumbestandes durch das Efeu eine Notgeschäftsführung im Sinne von § 21 Abs. 2 WEG nicht zu rechtfertigen.
Die Beklagte wird von ihrer Schadensersatzpflicht auch nicht durch ihre Behauptung, dass sie nicht die einzige gewesen sei, die an den Pflanzen und an den Steinen verändernd tätig gewesen sei, und insbesondere ca. einen Monat nach Verlegung der Steine von Herrn ### eine Schubkarre Efeu abgefahren worden sei, befreit. Denn unabhängig davon, dass die von ihr aufgestellte Behauptung - das bloße Abfahren von Efeupflanzen - keine erneute Beschädigung des Gemeinschaftseigentums durch Herausreißen von Efeupflanzen belegt, handelt es sich nicht um ein anrechenbares schadensminderndes Mitverschulden.
Einwände zur Höhe des mit Rechnungen bzw. Kostenvoranschlägen und detaillierten Arbeitsberichten belegten Schadensersatz Betrages wurden von der Beklagten nicht erhoben. Die Klägerin hat jedoch gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von 112,75 Euro, die ihr im Zusammenhang mit dem anwaltlichen Forderungsschreiben entstanden sind. Denn dieses Forderungsschreiben war selbst erst verzugsbegründend, so dass ein Anspruch gemäß §§ 286, 288 BGB ausscheidet. Das Forderungsschreiben der Klägerin vom 21.11.2014, mit dem die Beklagte zur Wiederherstellung der Gartenfläche aufgefordert worden war, stellt kein Mahnschreiben hinsichtlich des nunmehr geltend gemachten Schadensersatzanspruches dar.
Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß §§ 91,91 a ZPO insgesamt der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte schuldete auch den bereits im Mahnverfahren geltend gemachten Wohngeldanspruch in Höhe von 162,06 Euro. Eine Verrechnung mit Forderungen der Beklagten, die diese wegen Aufwendungen bei der Gartenpflege in Eigenregie geltend macht, hatte nicht zu erfolgen. Denn unabhängig davon, dass gemäß Beschluss der Wohnungseigentümer, lfd. Nummer 76 der Beschlusssammlung, die gärtnerische Gestaltung jeweils auf eigene Kosten zu erfolgen habe, kommt eine Verrechnung gegenüber dem Anspruch auf Wohngeld nur mit einer anerkannten oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderung oder einer auf einer Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 BEG beruhenden Forderung in Betracht, vgl. nur Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten-Niedenführ, WEG-Kommentar, 11. Aufl., § 28 RN 208.
Der Vollstreckungsausspruch beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.