18.03.2024 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
In die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage sind nach dem unmittelbaren Wortlaut des Gesetzes also nur Sonderausstattungen einzubeziehen, mit denen das Fahrzeug bereits im Zeitpunkt der Erstzulassung ausgestattet war.
Steuerliche Behandlung & rechtliche Risiken
In der lohnsteuerlichen Praxis war lange streitig, ob nachträgliche Sonderausstattungen zu einer nachträglichen Erhöhung der lohnsteuerlichen Bemessungsgrundlage führen.
Bereits mit Urteil vom 13.10.2010, VI R 12/09 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass entgegen der Verwaltungsauffassung und der Auffassung des Finanzgerichts Münster die nachträglichen Umrüstungskosten auf Flüssiggasbetrieb bei einem Firmenwagen nicht in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage für die 1 %-Regelung einzubeziehen sind. Der Bundesfinanzhof ging in seiner Urteilsbegründung nicht auf das hier unstreitig vorliegende eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers ein, sondern bezog sich allein auf formale Rahmenbedingungen.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs liegt eine Sonderausstattung im Sinne des Gesetzes immer nur dann vor, wenn das jeweilige Fahrzeug bereits werkseitig im Zeitpunkt der Erstzulassung mit bestimmten Ausstattungsmerkmalen ausgestattet ist. Dies gilt jedoch nicht für nachträgliche Ausstattungsmerkmale. Der nachträgliche Einbau von zusätzlichen Ausstattungen ist nach Überzeugung des Gerichts nicht als Sonderausstattung in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Der Bundesfinanzhof begründet seine Rechtsauffassung damit, dass es sich bei nachträglichen Ausstattungen nicht um werkseitig eingebaute Ausstattungen handelt und diese zusätzliche Ausstattung auch nicht im Zeitpunkt der Erstzulassung vorhanden gewesen ist. Nach Auffassung des Gerichts habe der Gesetzgeber erkennbar nachträgliche Wertveränderungen von der lohnsteuerlichen Bemessungsgrundlage ausnehmen wollen. Dadurch sei sichergestellt, dass nachträglichen Umbaumaßnahmen nicht zu einer Neuberechnung führen müssen.
Die Finanzverwaltung erkennt die höchstrichterliche Rechtsprechung an, vgl. BMF-Schreiben vom 03.03.22 - Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer, Rz. 17. Danach liegt eine in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehende Sonderausstattung nur dann vor, wenn das Fahrzeug bereits werkseitig im Zeitpunkt der Erstzulassung damit ausgestattet ist. Nachträglich eingebaute unselbständige Ausstattungsmerkmale sind durch den pauschalen Nutzungswert abgegolten und können nicht getrennt bewertet werden.
Im Ergebnis sind die Kosten für die nachträgliche Sonderausstattung, hier die Kosten für die nachträgliche Umrüstung auf Flüssiggasbetrieb, nach aktueller Rechtsauffassung nicht in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Bei modernen Fahrzeugen ist es inzwischen nicht unüblich, dass der Kunde Zusatzausstattung nachträglich erwerben kann. In diesem Zusammenhang können sog. "Functions on Demand" nachträglich online erworben und im Fahrzeug freigeschaltet werden. Die Werkstatt muss für die Aktivierung dieser Functions on demand nicht extra aufgesucht werden. Moderne Kraftfahrzeuge sind mit diesen optionalen Sonderausstattungen, z.B. Matrix-Licht, Fernlicht- und Park-Assistent, adaptiver Geschwindigkeitsassistent, Spurhalte-Assistent, Ambiente-Licht, App-Connect, automatische Distanzregelung, Navigationssystem, Sprachbedienung und Verkehrszeichenerkennung, etc. bereits ab Werk ausgestattet. Diese bereits vorinstallierten Functions on demand können sowohl dauerhaft gegen Zahlung eines einmaligen Entgelts als auch nur vorübergehend für eine monatliche Nutzungsgebühr erworben werden.
Grundsätzlich sind die Kosten für Functions on Demand mit den Kosten ab Werk vergleichbar. Die Preisspanne ist nicht unerheblich. Bei Tesla kostet der sog. Beschleunigungsboost ca. 1.800 Euro, der Auto-Pilot (Lenkassistent) ca. 3.800 Euro und der sog. enhanced Autopilot ca. 7.500 Euro Aufpreis.
Die spätere Aktivierung der Sonderausstattung führt in steuerlicher Hinsicht nach aktueller Rechtsauffassung nicht zu einer Erhöhung der lohnsteuerlichen Bemessungsgrundlage und entsprechend auch nicht zu einem höheren geldwerten Vorteil.
Das vom Arbeitnehmer entrichtete Entgelt für Functions on demand ist nicht als Zuzahlung im Sinne der 1 % - Regelung anzusehen und darf daher den geldwerten Vorteil weder mindern bzw. auf diesen angerechnet werden.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei der gegenwärtigen Rechtsauffassung um eine Momentaufnahme handelt. Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. In einschlägigen Kreisen wird die nachträgliche Aktivierung von Functions on demand als Steuerschlupfloch angepriesen. Daher ist unklar ist, wie sich die Finanzverwaltung diesbezüglich positionieren wird.
Soweit im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bzw. Betriebsprüfung festgestellt wird, dass die nachträgliche Anschaffung der Sonderausstattungen nur aus steuerlichen Gründen erfolgt ist, nämlich um den geldwerten Vorteil zu minimieren und dadurch Steuern zu sparen, kann es sich um einen sog. Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten handeln, der nach Maßgabe von § 42 Abgabenordnung steuerlich nicht anzuerkennen ist. Für einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch spricht beispielsweise, wenn die nachträgliche Sonderausstattung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anschaffung des Fahrzeugs erworben wird.
Etwas anderes gilt, wenn der geldwerte Vorteil nicht pauschal im Rahmen der 1 % - Regelung, sondern nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt wird. In diesem Fall erhöhen die Aufwendungen für nachträglichen Sonderausstattungen und Functions on demand die Anschaffungskosten und damit die AfA-Bemessungsgrundlage und entsprechend den geldwerten Vorteil.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: Kindel Media (Pexels, Pexels Lizenz)
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