12.06.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst & Young GmbH.
Gute Nachricht für Unternehmen: Die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind hochmotiviert und zufrieden. Mehr als zwei von drei Beschäftigten (68 Prozent) sind nach eigener Aussage uneingeschränkt zufrieden mit der Arbeit – das ist noch einmal eine Steigerung gegenüber dem Jahr 2015, als sich 56 Prozent als uneingeschränkt zufrieden bezeichneten.
Auch die Motivation hat im selben Zeitraum zugenommen: Inzwischen sind 42 Prozent der Beschäftigten nach eigener Aussage hochmotiviert, vor zwei Jahren lag der Anteil noch bei 34 Prozent.
Arbeitgeber können offenbar vor allem auf hochmotivierte und zufriedene Frauen zählen: Unter ihnen beträgt der Anteil der uneingeschränkt zufriedenen 70 Prozent, der Anteil der Männer liegt mit 66 Prozent leicht darunter. Frauen bezeichnen sich auch überdurchschnittlich oft als hochmotiviert: 44 Prozent schätzen sich so ein, bei den Männern sind es nur 39 Prozent.
Die größte Motivation ziehen sowohl Frauen als auch Männer aus einem guten Verhältnis zu Kollegen, auch wenn Frauen dieser Punkt deutlich wichtiger ist: 62 Prozent der weiblichen Arbeitnehmer werden nach eigener Aussage durch ein gutes Verhältnis zu Kollegen motiviert – bei den männlichen Arbeitnehmern sagen dies 53 Prozent. Einig sind sich die Geschlechter, dass eine spannende Tätigkeit motivierend wirkt – das sehen jeweils 42 Prozent so.
Das sind Ergebnisse der EY-Jobstudie, für die 1.400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland befragt wurden.
„Es ist eine gute Nachricht für die deutschen Unternehmen: Ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind motiviert und generell zufrieden mit ihrem Job“, kommentiert Ulrike Hasbargen, Partnerin bei EY, die Ergebnisse. „Das hängt sicherlich mit der guten wirtschaftlichen Lage und der entspannten Arbeitsmarktsituation zusammen. Derzeit gibt es für deutsche Unternehmen ausreichend zu tun, und nur wenige Arbeitnehmer müssen sich Sorgen um ihren Job machen. Gleichzeitig tun Unternehmen immer mehr für ihre Mitarbeiterbindung, da Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt rar sind. In dieser Atmosphäre fühlen sich die Mitarbeiter offenbar zunehmend wohl – und zahlen das mit hohem Einsatz auch zurück.“
Dass offenbar die gute Konjunktur einen Einfluss auf Zufriedenheit und Motivation hat, zeigt sich beim Vergleich der Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst. Die Motivation der Beschäftigten in der konjunkturabhängigen freien Wirtschaft ist diesmal mit einem Anteil von 41 Prozent Hochmotivierter etwas höher als die der Beschäftigten im öffentlichen Dienst (37 Prozent). Auch bei der Zufriedenheit steht die freie Wirtschaft mit einem Anteil von 69 Prozent leicht besser da als der öffentliche Dienst (66 Prozent). Vor zwei Jahren waren die Beschäftigten in Behörden und Ämtern noch zufriedener und motivierter als die Angestellten in den Betrieben.
Bemerkenswert hoch ist die Zufriedenheit vor allem bei älteren Arbeitnehmern: Von den über 51jährigen sind gut 70 Prozent der Arbeitnehmer zufrieden mit ihrer Arbeit – von den 21- bis 30jährigen nur jeder zweite. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Motivation: Während knapp die Hälfte der Arbeitnehmer über 61 Jahren sich als hochmotiviert bezeichnet, ist die Motivation bei den 21 bis 30 Jahre alten Arbeitnehmern auf einem Tiefpunkt: Nur 29 Prozent sind nach eigener Aussage hochmotiviert.
„So erfreulich die insgesamt hohe Zufriedenheit und Motivation der Arbeitnehmer in Deutschland ist: Die Unternehmen müssen offenbar mehr für die junge Generation tun“, sagt Hasbargen. „Viele junge Menschen erfahren längst nicht mehr ihre Bestätigung nur aus dem Job, sondern ebenso aus ihrem Privatleben. Sie wollen flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, um Arbeit und Familie besser miteinander verbinden zu können. Im Betrieb erwarten sie flache Hierarchien und eine insgesamt angenehme Arbeitsatmosphäre. Die Unternehmen sollten dies bei ihrem Bemühen um die Fach- und Führungskräfte von morgen berücksichtigen“, rät Hasbargen.
Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass es sich für Unternehmen lohnt, mehr für die Förderung älterer Arbeitnehmer und Frauen zu tun. „Frauen und ältere Arbeitnehmer sind die motiviertesten Gruppen innerhalb der Unternehmen. Dieses Potenzial sollten die Betriebe viel stärker nutzen. Sie können Frauen gezielt fördern, ihnen Aufstiegsmöglichkeiten schaffen und beim Gehalt ihren männlichen Kollegen gleichstellen. Auch ältere Arbeitnehmer sollten gezielt ans Unternehmen gebunden werden. Denn die meisten wollen sich offenbar nicht auf den Ruhestand vorbereiten, sondern sind mit Elan bei der Arbeit und können mit ihrer Erfahrung zum Unternehmenserfolg beitragen – wenn man sie lässt.“
Motivation und Zufriedenheit gehen aber offenbar nicht immer Hand in Hand: So sind ausgerechnet die Besserverdiener mit einem Jahresbruttogehalt von mehr als 80.000 Euro zwar mit einem Anteil von 48 Prozent – gleichauf mit der Verdienstgruppe zwischen 61.000 und 80.000 Euro – die motiviertesten. Gleichzeitig ist es aber auch die unzufriedenste Gruppe der Arbeitnehmer. Nur 57 Prozent bezeichnen sich als zufrieden. Am zufriedensten sind hingegen die Arbeitnehmer mit einem Verdienst von 61.000 Euro bis 80.000 Euro (74 Prozent). Am unmotiviertesten sind die Geringverdiener mit einem Jahresgehalt zwischen 21.000 und 40.000 Euro.
„Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren Transformationsprozesse durchgemacht, um sich auf die volatile Weltwirtschaft einzustellen. Oft sind es gerade die oberen Managementebenen, die diese Transformation umsetzen müssen, sich aber nicht genügend mitgenommen fühlen von der Geschäftsführung. Das kann eine Erklärung für die Unzufriedenheit sein“, erklärt Hasbargen.
Gerade Männer legen deutlich mehr Wert auf ein hohes Gehalt, das für 37 Prozent von ihnen motivierend wirkt, aber nur für 29 Prozent der Frauen. Auf dem Weg zum Spitzenverdiener bleiben dagegen häufig Familie und Freizeit auf der Strecke – und die Gefahr des Burn-out wächst. Dagegen finden 30 Prozent der Frauen flexible Arbeitszeitmodelle motivierend, während dies für Männer mit einem Anteil von 23 Prozent deutlich weniger wichtig ist.
„Geld alleine macht nicht glücklich“, kommentiert Hasbargen die Zahlen. „Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet die Besserverdiener am wenigsten zufrieden sind. Auf den höchsten Führungsebenen herrscht häufig ein hoher Druck, der zwar bis zu einem gewissen Grad motivierend sein kann, aber langfristig offenbar nicht zu Zufriedenheit führt. Im Gegenteil: Die meisten Führungskräfte arbeiten hochgradig engagiert und bis zur Grenze der Belastbarkeit, nehmen häufig erhebliche Einschränkungen bei Feierabend und Urlaub hin und tragen gleichzeitig Verantwortung für ihre Mitarbeiter, die sie vor Überbelastung schützen wollen. Sie stecken also häufig in der Falle: Starker Druck von oben, wenig Lob, erheblicher Arbeitseinsatz und gleichzeitig eine Schutz- und Vorbildfunktion gegenüber den ihnen unterstellten Mitarbeitern.“
Es reiche daher nicht, wenn sich Unternehmen nur auf die Talentgewinnung konzentrieren, so Hasbargen: „Die größte Herausforderung ist es, die klügsten Köpfe über einen längeren Zeitraum an Bord zu halten. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter langfristig motivieren und dafür ein attraktives Vergütungs- und Anreizsystem schaffen. Oft sind Personalabteilungen aber zu klein, um alle Aspekte ausreichend aufeinander abzustimmen. Hier kann es von Vorteil sein, sich auch externe Hilfe zu holen.“