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Debatte: Fortlaufende Kritik an ÖPP und Großprojekten

30.07.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Baudienst.

Handwerk vs. Bauindustrie: Wie gut oder wie schädlich sind öffentlich-private Partnerschaften?

Wie sollen die Verkehrswege ausgebaut werden
Wie sollen die Verkehrswege ausgebaut werden? Foto: Thorsten [Lizenz: CC BY-SA]

Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, hat mit seiner Kritik an öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) die deutsche Bauindustrie verärgert. In einem Interview, dass sich die Verantwortlichen im Bundesverkehrsministerium über die langfristigen Konsequenzen von ÖPP-Projekten nicht im Klaren wären. Es würden die Interessen des Mittelstands übergangen, da riesige Aufträge vergeben würden, die kaum ein deutsches Unternehmen ausführen könne und sich daher auch keine mittelständischen Betriebe beteiligen könnten. Zudem würden durch die dreißigjährige Bewirtschaftungsgarantie, die mit ÖPP-Projekten verknüpft sei, regionale Unternehmen über Jahrzehnte von Aufträgen ausgeschlossen.

Dies veranlasste den Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Michael Knipper, zu einer längeren Replik.

„Die Kritik des Bauhandwerks an ÖPP und Großprojekten ist unsachlich, populistisch und dazu noch unverständlich, zumal die meisten Handwerks­betriebe sowieso nicht auf der Autobahn arbeiten. Wieso fühlt sich das Handwerk also in der ÖPP-Debatte überhaupt angesprochen? Das einzige was hierdurch bewirkt wird: die Chance auf einen geschlossenen Auftritt der Branche wird verspielt.“ Der von Bundesverkehrsminister Dobrindt initiierte Investitionshochlauf schaffe Arbeit für alle, ist Knipper überzeugt. Bis 2018 werde der Bund zusätzlich 18,5 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren. „Wir müssen uns deshalb darauf konzentrieren, die zur Verfügung stehenden Mittel zu verbauen, anstatt einen Kleinkrieg darüber zu führen, wer wieviel vom ‚Kuchen‘ abbekommt“, so Knipper.

„Handwerk ist nicht gleich Mittelstand“

„Ich sage es in aller Deutlichkeit: Handwerk ist nicht gleich Mittelstand. Und im Gegensatz zum Handwerk ist der Mittelstand sehr wohl in der Lage, an ÖPP-Projekten teilzunehmen“, stellte Knipper klar. Bei drei von den insgesamt nur sieben ÖPP-Verkehrsprojekten des Bundes seien mittelständische Unternehmen direkter Auftragnehmer, ein Projekt werde von einem Mittelständler allein betrieben. Auf Bau- und Betriebsebene gehe es gar nicht ohne den Mittelstand. Knipper: „Anstatt den Aufstand zu proben, sollten auch die Kritiker mit uns daran arbeiten, dass mehr Mittelständler eine faire Chance erhalten, sich an ÖPP-Verkehrsprojekten zu beteiligen. Die Frage, ob eine begrenzte Zahl von Großprojekten als Öffentlich-Private Partnerschaften ausgeschrieben wird, ist von der Politik längst entschieden; es geht nur noch um das ‚Wie‘. Fundamentalkritik hilft nicht weiter.“

 

Es liege zudem in der Natur der Sache, dass es kleinere und größere Projekte mit unterschiedlicher Komplexität gebe. Hierzu gehören auch einige Großprojekte, die im Verkehrswegebau unverzichtbar seien. ÖPP habe sich außerdem längst als eine kosten- und terminsichere Beschaffungsalternative bewährt. Knipper: „Bei der Infrastrukturbeschaffung zählt Wirtschaftlichkeit. Wir brauchen Modell- und Projektvielfalt, damit die öffentliche Hand die im Einzelfall wirtschaftlichste Variante auswählen kann.“ Der öffentlichen Hand vorschreiben zu wollen, alles nur konventionell zu vergeben, sei fern der Praxis. Knipper: „Wir entwickeln die Modelle ständig weiter, setzen uns für eine faire Mittelstandsbeteiligung ein und heben damit das vorhandene Innovationspotential. Alles beim Alten zu lassen, ist Rückschritt.“

Knipper wandte sich auch gegen den Vorwurf, dass nur ausländische Konzerne bei ÖPP zum Zug kämen. „Ja, teilweise haben unsere Mitgliedsunternehmen europäische Wurzeln. Aber ist das schlimm? Erstens sind wir Europäer. Zweitens schaffen diese Unternehmen tausende Arbeitsplätze, bilden Jahr für Jahr hunderte Fachkräfte aus und fördern die universitäre Ausbildung zum Ingenieur, alles am Standort Deutschland. Außerdem beherrschen all unsere Unternehmen ihr Handwerk, und darauf kommt es doch an.“

 

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