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Das Entgelttransparenzgesetz kann keine Diskriminierung belegen

21.01.2020  — Jasmin Dahler.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Das EntgTranspG erlaubt es Mitarbeiter*innen, bei ihrem Arbeitgeber zu erfragen, wie viel eine Gruppe von Kollegen im Mittel verdient. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat nun geurteilt, dass es keine Diskriminierung ist, wenn das Gehalt einer Frau deutlich niedriger ist, als der Median einer männlichen Vergleichsgruppe.

In der arbeitsrechtlichen Literatur war seit Inkrafttreten des Entgelttransparentgesetzes (EntgTranspG) umstritten, was ein*e Arbeitnehmer*in vortragen muss, um eine Diskriminierung zu rechtfertigen und eine Vergütungsanpassung nach oben zu erhalten. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat nun eine erste Einschätzung getroffen (Urt. v. 01.08.2019, Az. 5 Sa 196/19), die das Entgelttransparentgesetz belanglos machen könnte.

Der Fall: Ungleiche Gehälter wegen Geschlechts

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Eine Abteilungsleiterin mit Führungsaufgaben hatte bei ihrem Arbeitgeber am 02.07.2018 eine Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz eingefordert. Die Arbeitnehmerin verdiente zu dem Zeitpunkt 5.385,40 Euro brutto zuzüglich einer übertariflichen Zulage in Höhe von 500,00 € brutto.

Ihr Arbeitgeber teilte ihr am 24.07.2018 mit, welches Grundentgelt und welche übertarifliche Zulage der Median der männlichen Abteilungsleiter, die wie die Klägerin seit 2012 eine Führungsaufgabe übernommen hatten, erhielten. Das Grundentgelt betrug 5.595,00 Euro brutto und die übertarifliche Zulage 550,00 Euro brutto.

Die Arbeitnehmerin war mit dieser beschränkten Auskunft nicht einverstanden und forderte ihren Arbeitgeber auf, alle männlichen Abteilungsleiter miteinzubeziehen. Am 22.08.2018 erhielt sie die Auskunft, dass der Median aller männlichen Abteilungsleiter 6.292,00 Euro brutto GrundGrundgehalt betrage. Der Median der übertariflichen Zulage betrug 600,00 Euro brutto. Einer der männlichen Abteilungsleiter nahm seine Führungstätigkeit bereits seit 1999 war.

Die Arbeitnehmerin forderte darauf von ihrem Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung für die vergangenen Monate, die diese Differenz begleichen sollte sowie eine Gehaltsanpassung. Sie ging davon aus, dass die Diskriminierung durch die Auskunft eine Gehaltsungleichheit zwischen männlichen und weiblichen Abteilungsleiter*innen belegt sei.

Diese Auffassung teilte das Landesarbeitsgericht nicht und wies die Klage ab. Der dargelegte Gehaltsunterschied reichte laut den Richter*innen nicht als Indiz aus, um mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit darauf zu schließen, dass tatsächlich eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgte.

Gründe des Urteils

Mit einer Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz erhalten Mitarbeiter*innen keine Informationen des wahren Durchschnittwertes des eigenen oder des anderen Geschlechts. Es wird lediglich eine Vergleichsgruppe herangezogen. In der „NZA-RR“ wird dies durch ein Beispiel deutlich gemacht: Angenommen, sieben Mitarbeiterinnen im Unternehmen verdienen genau das Gleiche wie sieben männliche Kollegen einer Vergleichsgruppe (zwischen 1600 und 2500 Euro), dann wäre der Median beider Gruppe identisch bei 1900 Euro. Eine der sieben Frauen, die sich mit ihrem Gehalt von 1600 Euro am unteren Rand der Vergütungsskala befindet, könnte mit der Auskunft über den Median der männlichen Kollegen den Trugschluss ziehen, dass es sich hierbei um eine Geschlechterdiskriminierung handele.

Außerdem begründete das Gericht die Differenz damit, dass das Unternehmen die Vergütung von den Dienstjahren abhängig macht und die männlichen Abteilungsleiter deutlich länger als die Klägerin in dieser Position tätig waren.

Des Weiteren erwartete das LAG von der Arbeitnehmerin, dass diese eine Entgeltbenachteiligung darlegt. Unabhängig von der einschlägigen Anspruchsgrundlage für die Anpassung der Vergütung bedürfe es nach der Beweislastnorm § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eines Vortrags, der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine Vergütungsbenachteiligung aufgrund des Geschlechts schließen lasse, da die reine Auskunft des Unternehmens nicht zeigte, wie sich die Vergütung des eigenen Geschlechts zusammensetzt. Es zeigte sich, dass unter allen Abteilungsleitern die bestbezahlte Person eine Frau war.

Das problematische Entgeltgesetz

Die Arbeitnehmerin hat mit den Mitteln, die ihr das Entgeltgesetz zur Verfügung gestellt hat, geklagt – und dies waren die Informationen über die Vergütung der männlichen Kollegen. Mit der Auskunft nach § 10 EntgTranspG soll sowohl die Benachteiligung als auch die Entgeltdifferenz geltend gemacht werden können. Bereits der Europäische Gerichtshof geht in seinen Rechtsprechungen davon aus, dass es bereits genügt vorzutragen, dass bei der Ausübung gleichwertiger Arbeit eine Entgeltungleichheit besteht, um eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts nachzuweisen (EuGH, Urt. v. 26. 06. 2001, Az. C-381/99; EuGH, Urt. v. 28.02.2013, Az. C-427/11).

Das aktuelle Urteil zeigt, dass das maßgebliche Problem des EntgTranspG die fehlende Transparenz ist. Zwar bekommen Arbeitnehmer*innen ein Mittel an die Hand, welches hier helfen soll, doch dieses ist letztlich nicht durchsetzbar. Das Entgelttransparenzgesetz sollte Lohngleichheit schaffen, bringt jedoch lediglich eine allgemeine Auskunft, auf dessen Grundlage kaum Ansprüche in langwierigen Verfahren eingeklagt werden können.

Island hat an dieser Stelle ein deutlich sinnvolleres Gesetz geschaffen: das Verbot von ungleichen Löhnen von Männern und Frauen. Betroffene müssen also nicht erst nachforschen. Stattdessen ist es Aufgabe der Unternehmen, eine faire Bezahlung zu dokumentieren und alle drei Jahre einen Nachweis zu erbringen.

Quellen und Hintergründe:

Bild: rawpixel.com (Pexels, Pexels Lizenz)

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