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Betriebsbereitschaft (Kommentar von Udo Cremer)

24.10.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG - Verhältnis zu § 255 HGB

  1. Unter Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird.
  2. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Hierzu zählen auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft.
  3. Von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes kann im Regelfall ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden.
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Der Kläger wurde im Streitjahr (2008) zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger und seine Ehefrau erwarben im August 2008 ein Grundstück, bebaut mit einem zuvor von den Rechtsvorgängern selbst bewohnten Einfamilienhaus zu einem Kaufpreis von 275.000 €. Die Anschaffungsnebenkosten beliefen sich auf 22.155 €. Auf das Gebäude entfielen Anschaffungskosten in Höhe von 127.040 €. Der Kläger und seine Ehefrau vermieteten das Einfamilienhaus ab Dezember 2008 an ihren Sohn. In der Zeit zwischen Erwerb und Vermietung des Gebäudes führten sie Renovierungsmaßnahmen durch, unter anderem ließen sie sämtliche Fenster austauschen und sonstige Sanierungsarbeiten vornehmen. In der Einkommensteuererklärung 2008 behandelten der Kläger und seine Ehefrau die für den Austausch der Fenster angefallenen Aufwendungen in Höhe von 17.850 € als Anschaffungskosten und machten im Übrigen die durch die sonstigen Sanierungsarbeiten entstandenen Aufwendungen in Höhe von 16.616 € als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das FA behandelte die streitigen Aufwendungen dagegen insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG und berücksichtigte hierfür lediglich AfA. Die nach insoweit erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab. In seinem in EFG 2015, 1081 veröffentlichten Urteil folgte das FG der Auffassung des FA und beurteilte die geltend gemachten Aufwendungen insgesamt als solche i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 14.6.2016, IX R 15/15). Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Anschaffungsnebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage, sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG die Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

Der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist gesetzlich nicht definiert und bedarf daher der Auslegung. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen im vorstehenden Sinne gehören daher insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, die (ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG) vom Grundsatz her als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären.

Zu den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören aber auch Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, durch die funktionsuntüchtige Teile eines Gebäudes, die für seine bestimmungsgemäße Nutzung unerlässlich sind, wieder hergestellt werden und damit das Gebäude in einen betriebsbereiten Zustand versetzt wird, wenn sie im Rahmen einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Gebäudes anfallen. Dass Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB zu Anschaffungskosten führen und bereits deshalb zu aktivieren sind, steht dem nicht entgegen. Zwar werden die in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verwendeten Begriffe "Anschaffungskosten" und "Herstellungskosten" in der Regel auch im Bereich der Überschusseinkünfte i.S. von § 255 HGB ausgelegt. Im Hinblick auf den Wortlaut und den systematischen Zusammenhang von Sätze 1 und 2 der Vorschrift sowie deren Sinn und Zweck ist § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG jedoch gegenüber § 255 HGB als einkommensteuerrechtliche Sonderregelung zur Behandlung von Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Anschluss an den Erwerb eines Gebäudes zu verstehen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durch Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile vom Anwendungsbereich der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Der Senat schließt sich insoweit nicht der in der Literatur vertretenen Ansicht an, dass nach § 255 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB zu den Anschaffungskosten gehörende Aufwendungen bereits begrifflich nicht von der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG erfasst sein können. Der Wortlaut sowie der systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 2 der Vorschrift sprechen vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber bewusst den Begriff der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen weit verstehen und eine im Einzelfall schwierige Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen zu Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft vermeiden wollte.

Ob Aufwendungen für bauliche Maßnahmen im Rahmen einer im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung angefallen sind, ist vom FG im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung zu beantworten. Dabei kann im Regelfall von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Insoweit enthält die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Übersteigen die hierfür angefallenen Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten, sind diese insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu behandeln.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall zutreffend die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Sanierungsarbeiten in Höhe von 16.616 € brutto als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG beurteilt. Nach den Feststellungen des FG führten der Kläger und seine Ehefrau in der Zeit zwischen dem Erwerb im August und der Vermietung des Gebäudes im Dezember des Streitjahres Renovierungsmaßnahmen durch und ließen die Fenster austauschen. Diese im Anschluss an den Erwerb des Gebäudes durchgeführten Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten führten einschließlich der Aufwendungen für den Austausch der Fenster zu Kosten von insgesamt 28.964 € ohne Umsatzsteuer, die über 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes (127.040 €) liegen. In diesem Zusammenhang hat es das FG zu Recht als unerheblich angesehen, ob die für den Austausch der Fenster angefallenen Aufwendungen, wie vom Kläger vorgetragen, als Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB anzusehen sind.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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