11.06.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landgericht Freiburg.
Die Klägerin war - ursprünglich gemeinsam mit ihrem Ehemann - Mieterin einer Wohnung der Beklagten. Im Jahre 2009 geriet sie mit der Zahlung der seinerzeit vereinbarten Miete (Kaltmiete: 558,60 EUR; Warmmiete: 728,54 EUR) in Rückstand. Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 03.04.2009 fristlos wegen Mietrückständen in Höhe von 1.414, 99 EUR. Sie erhob am 07.05.2009 Räumungsklage, wobei zu diesem Zeitpunkt noch ein Mietrückstand in Höhe von 553,53 EUR bestand, der während des Verfahrens ausgeglichen wurde.
(…)Klägerin und Beklagte einigten sich in diesem vorhergehenden Rechtsstreit auf einen Vergleich. Die Vollstreckung der Räumungsklage wurde infolgedessen ausgesetzt.
(…)Im Juli und August 2012 wurden infolge eines Bankversehens statt jeweils 788,54 EUR lediglich jeweils 778,00 EUR an die Beklagte überwiesen. Mit Schreiben vom 29.08.2012 teilte diese der Klägerin mit, dass sie deswegen die Vollstreckung aus dem Vergleich eingeleitet habe. Den fehlenden Betrag (2 x 10,54 EUR) hat die Klägerin am 31.08.2012 überwiesen.
Die Klägerin erhob Vollstreckungsgegenklage, wobei sie sich zu deren Begründung u.a. darauf berufen hat, sie träfe kein Verschulden an den verspäteten Zahlungen. Das Amtsgericht folgte dieser Argumentation und gab der Vollstreckungsgegenklage mit folgender Tenorierung statt:
Die Vollstreckung aus dem Vergleich des AG Freiburg vom 20.5.10 - 2 C 1490/09 - wird mit der Maßgabe für unzulässig erklärt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist wegen der umgehend ausgeglichenen Wenigerzahlung von 2 x 10,54 EUR auf die Mieten in den Monaten Juli und August 2012 die Vollstreckung einzuleiten.
Mit ihrer gegen das Urteil eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, das Verschulden der Bank sei der Klägerin zuzurechnen. Auch hätte die Klägerin die Gefahr einer Fehlüberweisung bei einer sogenannten "Blitz- bzw. Eilüberweisung", wie sie für die Monate Juli und August 2012 erfolgte, voraussehen können.
Die Klägerin hat die unvollständige Zahlung der Mieten Juli und August 2012 entgegen der Ansicht des Amtsgerichts allerdings durchaus zu vertreten, weshalb es nicht weiter darauf ankommt, ob sie für eine verspätete Zahlung nach dem Vergleichstext auch ohne Verschulden einzustehen hätte. Für Zahlungsverzögerungen oder Falschüberweisungen, die durch Erfüllungsgehilfen verursacht werden, muss der Mieter nämlich eintreten. Zu den Erfüllungsgehilfen gehört vorliegend auch die durch die Klägerin beauftragte Sparkasse, die hier mit vorgelegtem Schreiben vom 03.09.2012 dann auch bestätigt hat, dass ihr in der Eile ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen ist, der sich unbemerkt in den Folgemonat geschlichen hat.
Ein darüber hinausgehendes Verschulden der Klägerin liegt auf der Grundlage der fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts jedoch nicht vor. Zum Zeitpunkt der Eilüberweisung wies das Konto der Klägerin nämlich unstreitig die nötige Deckung auf, weshalb sie sich darauf verlassen konnte, dass die Sparkasse den Auftrag korrekt ausführt. Zu besonderen Überwachungsmaßnahmen war sie nicht verpflichtet.
Unbestritten hat die Klägerin seit Abschluss des Vergleichs die monatliche Nutzungsentschädigung über zwei Jahre hinweg regelmäßig und fristgerecht geleistet und auch eine "Mieterhöhung" akzeptiert. Sie hat alles getan, um den rechtzeitigen Eingang der Mietzahlungen bei der Beklagten sicherzustellen, was sich schon in der Tatsache zeigt, dass sie die Zahlungen teilweise per "Blitzüberweisung" leistete (für die nach den Bedingungen der Sparkasse eine Gebühr von 15,00 EUR anfällt). Zu berücksichtigen ist auch, dass die Klägerin das Versehen ihrer Bank sofort korrigierte, als die Beklagte sie hierauf mit Schreiben vom 29.08.2012 aufmerksam machte. Bereits am 31.08.2012 wurde der fehlende, geringfügige, Differenzbetrag an die Beklagte überwiesen.
(…)
Grundsätzlich hat ein Mieter für unvollständige Mietzahlungen einzustehen, auch wenn diese ausschließlich auf einem Versehen der mit der Überweisung beauftragten Bank beruhen.
Verpflichtet sich ein Mieter im Rahmen eines Räumungsprozesses zur Räumung und Herausgabe einer Wohnung bei gleichzeitigem Verzicht des Vermieters auf eine Vollstreckung aus diesem Vergleich für den Fall der jeweils vollständigen und pünktlichen Mietzahlung (für einen Zeitraum von vier Jahren), so kann eine Vollstreckung wegen eines geringen Fehlbetrages im Einzelfall treuwidrig sein.
LG Freiburg, Urteil vom 07.03.2013, AZ 3 S 7/13 (in Auszügen)
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