30.09.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.
Atypische Beschäftigung bleibt weit verbreitet: Bundesweit sind mehr als 40 Prozent aller Jobs keine Normalarbeitsverhältnisse. In manchen westdeutschen Städten und Landkreisen haben Teilzeitstellen, Minijobs und Leiharbeit sogar einen Anteil von knapp 60 Prozent an allen abhängigen Beschäftigungsverhältnissen (ohne Beamte und Selbständige). Das zeigen aktuelle Auswertungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung. Basis für die Untersuchung ist die WSI-Datenbank Atypische Beschäftigung, über die die aktuellsten verfügbaren Zahlen für alle deutschen Landkreise und kreisfreien Städte online abrufbar sind.
Deutschlandweit waren im Jahr 2013 demnach 43,3 Prozent aller abhängigen Beschäftigungsverhältnisse Minijobs, Teilzeitstellen oder Leiharbeit. Eigentlich, so WSI-Experte Dr. Toralf Pusch, wäre angesichts der vergleichsweise guten Arbeitsmarktentwicklung in den letzten Jahren ein verringerter Druck zur Aufnahme solcher Beschäftigungsformen zu erwarten gewesen, soweit diese nicht den Wünschen der Beschäftigten entsprechen.
Stattdessen zeigen die Berechnungen des WSI, dass die Leiharbeit mit einem Anteil von 2 Prozent der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigung annähernd auf dem Stand des Vorkrisenjahrs 2007 verharrt. Der Anteil der Minijobs hat im Vergleich zu 2007 sogar leicht zugelegt: um 0,6 auf 21,1 Prozent der abhängigen Beschäftigungsverhältnisse. Dazu dürften vor allem Neben-Minijobs beigetragen haben, deren Zahl seit 2007 um über 650.000 zugenommen hat, erläutert Pusch. Sozial schlecht abgesicherte Minijobs dienten häufig der Aufbesserung geringer Verdienste in der Hauptbeschäftigung. „Der weiterhin hohe Anteil atypischer Beschäftigung ist nicht unproblematisch. Häufig ist diese Arbeit geringer bezahlt und sozial schlechter abgesichert als im Normalarbeitsverhältnis, das gilt insbesondere für Leiharbeit und Minijobs“, sagt WSI-Experte Pusch.
Das WSI wertet für seine Datenbank Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus. Diese registrieren als einzige Quelle in Deutschland alle abhängigen Beschäftigungsverhältnisse differenziert bis hinunter auf die regionale Ebene; Selbständige und Beamte sind nicht erfasst. Bei der Teilzeit erschwere eine Umstellung der Meldestatistik der BA im Jahr 2012 einen Vergleich, merkt Pusch an. Die Statistik für die Jahre 2007 bis 2011 zeigt hier ebenfalls ein Anwachsen. Nach Einführung des neuen Meldeverfahrens betrug die Teilzeitquote im vergangenen Jahr 20,2 Prozent. Wie auch Minijobs würden Teilzeitbeschäftigungen vor allem von Frauen ausgeübt, konstatiert der WSI-Forscher.
Bundesweit am stärksten verbreitet ist atypische Beschäftigung mit 58,8 und 57,2 Prozent in den kreisfreien Städten Delmenhorst und Landshut. Die Landkreise Trier-Saarburg und Kusel verzeichnen mit 56,4 und 55,9 Prozent die nächsthöchsten Werte. Diese Regionen liegen im Westen der Republik, wo atypische Beschäftigung bei Frauen vor allem im ländlichen Raum sehr weit verbreitet sei, so der Arbeitsmarktexperte. Ein wichtiger Grund dafür sei das oft noch unzureichende Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen.
Insgesamt wiesen daher auch westdeutsche Flächenländer die höchsten Quoten auf: Schleswig-Holstein liegt mit 47,3 Prozent vorn, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 46,5 und Niedersachsen mit 46 Prozent. Im Osten liegen die Werte deutlich darunter, was laut Pusch mit anderen Erwerbsmustern vor allem bei Frauen zusammenhängt. Am niedrigsten ist der Anteil atypischer Beschäftigung in Thüringen, wo allerdings immer noch knapp zwei Fünftel der Arbeitsverhältnisse betroffen sind. Zwar sind auch im Osten viele Beschäftigungsverhältnisse von Frauen Minijobs, jedoch ist der Anteil mit 17,2 Prozent deutlich geringer als bei westdeutschen Arbeitnehmerinnen, deren Beschäftigungen zu 28,4 Prozent geringfügig sind. Gleichzeitig liegt die Quote der Teilzeitarbeitsplätze bei ostdeutschen Frauen mit 35 Prozent leicht über dem westdeutschen Wert von 32,7 Prozent.
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