16.07.2015 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesarchitektenkammer.
Bezweifelt die EU-Konformität der HOAI: die Europäische Kommission. Foto: Glyn Lowe Photoworks [Lizenz: CC BY]
Das von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Dienstleistungsrichtlinie löst intensiven Widerspruch aus. Die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Barbara Ettinger-Brinckmann, wies darauf hin, dass bereits mit der HOAI-Novelle 2009 alle von der Kommission kritisch gesehenen Punkte der deutschen Honorarordnung beseitigt worden wären.
Jeder Architekt, der nach Deutschland komme, um hier zu bauen, könne sein Preisrecht mitbringen. Lediglich bei Gründung einer deutschen Niederlassung sei er an das deutsche Preisrecht gebunden. Somit sei die HOAI eine reine Inländer-Regelung. Nach Auskunft der 16 Architektenkammern habe sich in den letzten Jahren kein einziger ausländischer Architekt über diese Regelung beschwert. Die Kommission, die sich insbesondere der Förderung von Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung verschrieben habe, verfolge mit einer derart formalistischen Vorgehensweise nicht ihre ursprünglich vertraglich festgelegten Ziele. Deutschland verfüge, so Ettinger-Brinckmann, über hohe technische Standards; die hohe Qualität deutscher Bauten sei international anerkannt.
Die HOAI sei eine transparente und bewährte Rechtsverordnung des Bundes, die auf Statistiken und Erfahrungen beruhe. Existiere sie nicht, müssten Einzelregelungen zwischen Architekt und Bauherr, zwischen Staat, Ländern und Kommunen getroffen werden. „Wie kann die Kommission glauben, dass sie hier sinnvolle Deregulierung betreibt? Welchen Vorteil hätte denn der aus anderen Ländern nach Deutschland kommende Architekt? Und welchen der Bauherr?“, fragt Ettinger-Brinckmann. Die HOAI sei auch im Sinne des Verbraucherschutzes wirksam: „Wenn Leistungen in Leistungsbildern und Leistungsphasen unstrittig definiert sind, sind Qualitätsanspruch, Arbeitsaufwand und Transparenz für die Auftraggeber ausreichend gesichert. Dafür ein diesen Leistungen entsprechendes Honorar im Wege einer verbindlichen Regelung zu definieren, dient Auftraggebern wie Auftragnehmern in gleicher Weise und trägt zur Sicherung des Rechtsfriedens bei“, so die BAK-Präsidentin.
Eine ganze Reihe von Rechtsgutachten belege die EU-Konformität der HOAI. Der Bundestag habe sich einmütig für den Erhalt der Freien Berufe und deren Honorarordnungen ausgesprochen. „Deutschland ist nicht trotz, sondern gerade wegen seiner wirtschaftspolitischen Regelungen ein Motor für ganz Europa. Viele Architekten kommen derzeit etwa aus Spanien nach Deutschland und finden hier gut bezahlte Arbeit.“
Nach wie vor gelte die auch wissenschaftlich belegte Tatsache, dass die Planungskosten lediglich einen einstelligen Prozentbetrag der Kosten des Bauwerks im Lebenszyklus ausmachten. Hier auf einen Preiskampf zu setzen sei eindeutig das falsche Signal und volkswirtschaftlich bedenklich. Gute Planung amortisiere sich.
Der Deutsche Bundestag hatte bereits in einer Sitzung Anfang Juli den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD beschlossen, der die Bundesregierung auffordert, die Transparenzinitiative der EU-Kommission konstruktiv, aber auch kritisch mitzugestalten. Die EU-Kommission hatte bereits wiederholt Empfehlungen zur Deregulierung abgegeben. Honorar- und Gebührenordnungen, Fremdkapitalregelungen, Kooperations- und Rechtsformbeschränkungen stellen aus Sicht der Kommission Markthindernisse dar. Die Bundesregierung muss der Kommission nach einer Evaluierung der bestehenden Regelungen einen Aktionsplan vorstellen.
Die Parteien der Regierungskoalition fordern die Bundesregierung auf, bei der Aufstellung dieses Aktionsplans die in den einzelnen Branchen bestehenden Regulierungen auf ihre Wirksamkeit hin zu betrachten und entsprechend zu berücksichtigen. Die hohe Qualität deutscher Produkte und Dienstleistungen sowie insbesondere der Verbraucherschutz würden durch bewährte Standards und Strukturen wie etwa Kammern und Honorarordnungen geschützt. Die Volksvertreter setzen sich in ihrem Beschluss weiterhin für den Erhalt eines qualifikationsgebundenen Berufszugangs und den Schutz der Unabhängigkeit der Berufsausübung der Freien Berufe durch klare Regeln zur Fremdkapitalbeteiligungen ein.
Für Ettinger-Brinckmann kommt das klare Bekenntnis des Bundestags zur rechten Zeit: „Über dieses Votum der Koalitionsfraktionen, insbesondere über das Bekenntnis zu den Honorarordnungen, sind wir Architekten besonders erfreut. Mit diesem Antrag sind unsere wesentlichen Forderungen auch durch die Abgeordneten an die Bundesregierung herangetragen worden. Der Bundestag erkennt die Bedeutung der Freien Berufe und ihre Funktion als Leistungsträger des Mittelstands an. Honorarordnungen dienen in erster Linie der Qualitätssicherung, dem Verbraucherschutz und der Transparenz. Deregulierung wird in Deutschland durch das Prinzip der Selbstverwaltung in Form der Kammern seit Jahrzehnten gelebt. Das wird hoffentlich auch die Kommission in Brüssel so sehen.“
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