07.04.2016 — Melanie Eilers, Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Im Fokus standen dabei insbesondere die Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses durch eine einfache E-Mail, die Prüfungs- und Hinweispflichten des Auftragnehmers und das Erfordernis einer bauablaufbezogenen Darstellung bei Bauzeitansprüchen.
Der BGH hat entschieden, dass der Auftraggeber wegen eines Mangels der Werkleistung ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Auftragnehmer gemäß § 215 BGB auch nach dem Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche noch geltend machen kann, wenn der Mangel bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung getreten ist und ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht deshalb in nicht verjährter Zeit hätte geltend gemacht werden können.
§ 215 BGB bestimmt, dass die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch die Verjährung nicht ausgeschlossen werden, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem er erstmals aufgerechnet oder in dem erstmals die Leistung verweigert werden konnte. Der Regelung des § 215 BGB liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Schuldner, dem ein Gegenanspruch zusteht, sich ausreichend gesichert fühlen darf und nicht durch die Verjährungsregelungen zu einer (gerichtlichen) Durchsetzung seiner Forderung gezwungen werden soll.
Nicht erforderlich ist nach dem Urteil des BGH, dass der Auftragggeber das Leistungsverweigerungsrecht vor Verjährung seiner Mängelansprüche tatsächlich geltend gemacht hat - es muss nur bestanden haben. Das Gesetz setzt nur voraus, dass der Mangel, auf den das Leistungsverweigerungsrecht gestützt wird, bereits vor Ablauf der Verjährung der Mängelansprüche erkannt wurde, so dass ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht vor Ablauf der Verjährung hätte geltend gemacht werden können.
Der BGH hat mit dieser praxisrelevanten Entscheidung die bislang höchstrichterlich nicht geklärte Frage beantwortet, dass § 215 BGB auch auf Leistungsverweigerungsrechte wegen Mängeln anwendbar ist.
BGH, Urteil vom 05.11.2015 - VII ZR 144/14
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass dem Auftragnehmer ein Schadensersatzanspruch gegen den Auftraggeber zustehen kann, wenn der Auftraggeber ihm vor Vertragsschluss unrichtige oder unvollständige Unterlagen und Informationen als Kalkulationsgrundlage zur Verfügung stellt.
Übergibt der Auftraggeber dem Auftragnehmer unvollständige oder unrichtige Informationen als Kalkulationsgrundlage für den Auftrag, stellt das ein Verschulden bei Vertragsschluss dar, aus dem sich ein Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers ergeben kann.
Das gilt allerdings nicht, wenn die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit für den Auftragnehmer erkennbar war oder wenn der Auftragnehmer nicht auf die Richtigkeit oder Vollständigkeit des übergebenen Leistungsverzeichnisses vertrauen durfte, weil dieses noch überarbeitet werden musste. In diesem Fall ist der Auftragnehmer nicht schutzbedürftig.
In dem vorliegenden Fall hatte der Auftraggeber dem Auftragnehmer keine Montagepläne übersandt, weil diese erst noch erstellt werden mussten. Das war dem Auftragnehmer bekannt. Obwohl der Auftragnehmer ohne die Montagepläne keine belastbare Kalkulation erstellen konnte, gab er ein Angebot ab und einigte sich mit dem Auftraggeber auf einen Pauschalpreis.
Das OLG Frankfurt ist der zutreffenden Ansicht, dass der Auftragnehmer hier keine Ansprüche geltend machen kann, weil er sehenden Auges eine Kalkulation erstellt und einen Pauschalpreis vereinbart hat, obwohl ihm die erforderlichen Unterlagen nicht vorlagen.
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass Auftragnehmer widerspruchslos hinnehmen, dass ihnen für die Angebotsabgabe bzw. bei Vertragsschluss erkennbar unvollständige oder unrichtige Unterlagen übergeben werden. Wer das Risiko eingeht und sich trotzdem auf die Vereinbarung eines Pauschalpreises einlässt, kann in der Regel keine nachträgliche Anpassung der Vergütung verlangen.
Für die Auftragnehmer bedeutet das, dass sie rechtzeitig anzeigen müssen, welche Informationen sie für eine belastbare Kalkulation benötigen. Werden diese Informationen nicht nachgereicht, sollte kein Angebot abgeben, zumindest aber die Vereinbarung eines Pauschalpreises abgelehnt werden.
OLG Frankfurt, Urteil vom 23.07.2015 - 6 U 122/12
(Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen)
Im Rahmen des Bauablaufs mehrerer Gewerke hat der Vorunternehmer seine Leistung so zu erbringen, dass diese eine geeignete Grundlage für eine darauf aufbauende weitere Leistung ist. Der Vorunternehmer darf dabei davon ausgehen, dass der Nachfolgeunternehmer, der auf seine Leistung aufbaut, die eigene (Nachfolge-) Leistung ebenfalls nach den anerkannten Regeln der Technik ausführt. Der Vorunternehmer ist deshalb grundsätzlich nicht verpflichtet, den Nachfolgeunternehmer darauf hinzuweisen, wie dieser bei den Nachfolgearbeiten verfahren muss, damit keine Mängel oder Schäden entstehen.
Das OLG Düsseldorf stellt aber klar, dass ausnahmsweise eine Hinweispflicht besteht, wenn der Vorunternehmer Anhaltspunkte dafür hat, dass der Nachfolgeunternehmer seine Leistungen ohne weitere Hinweise nicht einwandfrei ausführen kann. Solche Anhaltspunkte liegen vor, wenn erkennbar die Gefahr besteht, dass der Nachfolgeunternehmer auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik nicht erkennen kann wie er seine eigenen Leistungen fachgerecht an die Vorleistung anzupassen hat, damit keine Mängel oder Schäden entstehen. Eine Hinweispflicht besteht also beispielsweise dann, wenn der Vorunternehmer wenig bekannte Produkte oder eine wenig bekannte Ausführungsart benutzt oder wenn ihm aus einem anderen Bauvorhaben bekannt ist, dass bei den Folgegewerken Probleme aufgetreten sind.
In diesem Fall ist der Vorunternehmer verpflichtet, den Nachunternehmer oder den Auftraggeber darauf hinzuweisen, wie bei den nachfolgenden Arbeiten verfahren werden muss.
Für die Praxis bedeutet das, dass der Vorunternehmer - solange seine Leistung mangelfrei ist - grundsätzlich nicht verpflichtet ist, sich darum zu kümmern, dass und ob der Nachfolgeunternehmer in der Lage ist, auf dieser Leistung aufzubauen. Der Vorunternehmer hat jedoch eine Hinweispflicht, wenn er damit rechnet oder rechnen muss, dass der Nachfolgeunternehmer seine Leistung nicht einwandfrei ausführen kann bzw. wird. In diesem Fall muss der Vorunternehmer den Nachfolgeunternehmer oder seinen Auftraggeber auf seine Bedenken hinweisen und soweit erforderlich Hinweise erteilen, die den Nachfolgeunternehmer in die Lage versetzen, auf der Vorleistung aufzubauen, ohne dass Mängel entstehen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2015 - 22 U 157/14
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