01.03.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: pressetext.
Öko-Zement hat das Potenzial, sich in Zukunft zu einem wichtigen Bestandteil des nachhaltigen Bauens etablieren. Das behauptet der Materialforscher Alex Moseson von der Drexel University im Fachblatt "Cement and Concrete Composites". Er präsentiert eine Zementart, die in der Erzeugung kein Brennen erfordert und deshalb bis zu 97 Prozent weniger CO2-Ausstöße verursachen soll. Dazu seien die Ausgangsstoffe um 40 Prozent billiger und dennoch qualitativ ebenbürtig. Kommerzialisiert wird das Produkt derzeit in Indien.
Knackpunkt Erhitzung
Mit dem Baubooms in Schwellenländern explodieren auch die CO2-Ausstöße im Bau: Bereits fünf Prozent des menschenverursachten CO2 gehen alleine auf die Zementproduktion zurück. Verantwortlich für die Umweltkosten ist vor allem der Energieaufwand der sogenannten "Portland-Methode" der Zementerzeugung: Kalkstein, Ton, Sand und Eisenerz werden dafür bei hohen Temperaturen zu Klinker gebrannt und mit Gips zum fertigen Zement vermahlen. Mosesons Zementvariante basiert auf ungebranntem Kalkstein, dem Alkali-Chemikalien und Hochofenschlacke - ein Nebenprodukt der Stahlerzeugung - beigemengt werden.
Nicht für alle Zwecke geeignet
"Für normale Bauwerke kann derartiger Zement durchaus mithalten - möglicherweise jedoch nicht für Spannbeton oder Betonieren bei Frost", urteilt Robert Emler vom Lehrstuhl für Gesteinshüttenkunde an der Montanuniversität Leoben gegenüber pressetext. Die Qualität sei nahezu ebenbürtig, allerdings dürften die zur Aktivierung eingebrachten Alkalien nachträglich durch den Kontakt des Betons mit Wasser ausgewaschen werden, was zu sogenannten "Ausblühungen" führt. Zudem müsse ein pH-Wert von über zwölf sichergestellt sein, um eine Korrosion des Bewehrungsstahls zu verhindern.
Portland-Zement wird in seiner Hauptphase auf 1.450 Grad erhitzt. Alternativ dazu gibt es bisher das Konzept der Belit-Zemente, die mit niedrigeren Temperaturen um 1.250 Grad auskommen, wenngleich das Endprodukt langsamer erhärtet und somit in der Anwendung länger trocknen muss "Ein völliges Weglassen der Erhitzung ist für die Umwelt ideal. Allerdings erfordert auch die Schlacke-Gewinnung bei der Stahlerzeugung eine Hochofen-Temperatur von 1.800 Grad, was dem CO2-Fußabdruck aufzurechnen wäre", betont Emler. Da die begrenzt vorhandene Schlacke bereits heute vollständig genutzt wird, überlegt die EU ohnehin, sie statt Abfall als eigenes Produkt zu definieren.
Schlacken-Zement bereits auf dem Markt
Die US-Forscher stellen ihr Produkt als Anknüpfung an Bindemittel des antiken Roms dar. Portland-Alternativen gibt es jedoch bereits mehrere, auch auf dem europäischen Markt. Einer der Pioniere ist der österreichische Zementhersteller Wopfinger Baustoffindustrie: Sein 2002 eingeführtes Produkt "Slagstar" basiert vorwiegend auf gemahlener Hochofenschlacke sowie sulfatischen Anregern und alkalischen Zusätzen. Dem Hersteller zufolge sind auch hier 90 Prozent CO2-Einsparungen möglich, was konkret bis zu 200 Tonnen CO2 weniger pro 1.000 Kubikmeter Beton ausmacht.
Trotz der Einführung von CO2-Zertifikaten im Bau verläuft die Neupositionierung langsam, berichtet Slagstar-Produktmanager Dietmar Treiber im pressetext-Interview. "Aufgeschlossene Auftraggeber und Architekten erkennen mittlerweile das Potenzial von Öko-Beton, grundsätzlich ist die Baubranche aber eher vorsichtig gegenüber neuen Technologien. Dazu kommt, dass die Herstellungskosten aufgrund der benötigten Zusätze über jenen von Portland-Zement liegen." Einsatzgebiete liegen bisher im Spezialtiefbau, bei Biogas- und Kläranlagen sowie bei Hochbauten zur Besserung der CO2-Gebäudebilanz.
Universal-Alternative
Einen anderen Ansatz verfolgt der Öko-Zement der deutschen Celitement GmbH. Er enthält den gleichen Klebstoff wie Portland-Zement, wird aber durch Kochen in Wasser bei 200 Grad hergestellt und anschließend mit Sand vermahlen. "Das Produkt kommt ohne Schlacke aus und ist dennoch ebenso universell einsetzbar wie herkömmlicher Zement. Der Aufwand für die Normierung und Zulassung ist allerdings eheblich", so Celitement-Miterfinder Peter Stemmermann vom Karlsruher Institute of Technology gegenüber pressetext. Rund 15 Jahren dürfte es noch dauern, bis derartige Technologien im Massenmarkt eine wesentliche Rolle spielen, schätzt der Experte. (Johannes Pernsteiner)
Die Originalmeldung auf www.sciencedirect.com »
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