01.08.2022 — Hannah Nielsen. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Digitale Disruption ist in den Unternehmen auf der ganzen Welt seit einigen Jahren ein beständiges Thema, doch für Laien bilden sich zum Teil große Fragezeichen über den Köpfen. Was bedeutet das und warum ist es relevant? Den Begriff „Disruption“ kann man sich vielleicht noch aus dem Englischen herleiten: „disrupt“ heißt übersetzt „stören“ oder „unterbrechen“. Hier ist also vom digitalen Umbruch beziehungsweise dem Umbruch der Digitalwirtschaft die Rede.
Der Markt wird durch neue Technologien und Herangehensweisen ganzer Geschäftsfelder aufgemischt, die sich am Komfort und der Bequemlichkeit der Konsumenten im Umgang mit der Technik orientieren. Ein gutes Beispiel dafür sind Unternehmen wie Uber, das den Mitfahrenden die Möglichkeit gibt, bequem über die App im Smartphone eine Fahrtmöglichkeit zu buchen und zu bezahlen. Dabei fahren sie häufig günstiger als zuvor mit dem Taxi, das erst per Telefon bestellt, beim Taxifahrer (bar) bezahlt werden musste und dann verhältnismäßig teuer war. Durch die neue Technologie hat sich die ganze Taxi- und Verkehrsbranche gewandelt, da die Konsumenten durch die bequeme Technik, bei der sie alle Buchungs- und Kaufprozesse an einem Ort tätigen können, häufiger darauf zurückgreifen.
Gregor Hufenreuter von HubSpot beschreibt den vor 500 Jahren erfundenen Buchdruck als Beginn der Disruption. Handschriftlich gesammeltes Wissen war durch die Druckmaschinen wesentlich schneller und günstiger herzustellen, sodass das Wissen schneller und effizienter und damit auch einer breiteren Masse (bequem) zugänglich wurde. Seit den 1960er Jahren steigt die Geschwindigkeit dieser Disruptionen exponentiell, finden jedoch fast ausschließlich durch digitale Technologien Anwendung.
Die Disruption, die doch eher negativ anklingt, birgt viele Risiken für Betriebe, die sich dem schnellen Wandel nicht anpassen. Wer sich jedoch gut positioniert und vorbereitet, kann mit einigen gezielten Faktoren die digitale Disruption als Chance nutzen.
Das erste und oberste Gebot der disruptiven Innovation ist eindeutig: Bieten Sie Ihren Kundinnen und Kunden klare Vorteile! Was schon am Beispiel des Buchdrucks erkennbar war, ist auch in der Musikbranche vonstattengegangen. Klar, da gab es immer wieder neue Entwicklungen von Schallplatten zu Kassetten, von Kassetten zu CDs, von CDs zu... Da hört die Entwicklung der populären Tonträger schon beinahe auf. Denn dank der Smartphones und Musik-Streaming-Dienste wie Spotify, braucht der Kunde gar keine Tonträger mehr kaufen. Wo die Branche zuvor dem Kassettenrekorder einfach ein CD-Modul hinzugefügt hat, werden gar keine Abspielgeräte mehr benötigt, da man mithilfe der Smartphones Zugriff auf eine riesige Songauswahl hat, ohne sich regalweise CDs beschaffen zu müssen. Platzsparend, bequem und günstig. Hier bewährt sich also bei der Produktentwicklung ein Blick auf die Kundinnen und Kunden. Diese sind schließlich als Kritiker und Inspirationsquelle gleichermaßen Gold wert.
David Theil beschreibt den Disruptor in seinem Blog „DigitalisierungsCoach“ häufig als „branchenkennenden Außenseiter“, der durch den frischen Blick auf eingefahrene Wege neue Technologien einbringt. Denn dieser scheut sich nicht davor, die Fundamente einer Branche zu zerstören und die Probleme der Konsumenten auf neue, digitale Weise zu lösen, da er selbst meist kein bisheriger Teil der Branche war. Wer also flexibel und schnell reagiert und Impulse erkennt, die vielleicht noch nicht ausgereift sind, kann anpassungsfähige und erfolgreiche Produkte bieten. Wer sich dem Markt nicht flexibel anpasst, wird sonst schnell verdrängt, da die Innovation nicht branchenintern erfolgt und das Unternehmen zwingt, sich selbst neu zu erfinden, da die etablierten Wege keine Abnehmerinnen und Abnehmer mehr bringen.
Software-Agenten und Bots, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. Wer weiterhin zu den Chancennutzern gezählt werden möchte, sollte sich der Datenanalyse widmen. Dabei sei aber zu beachten, dass die unternehmensindividuellen Analysen an die Produkte und Ziele angepasst werden müssen. Grundlage der Analysen sollten KPIs (Key Performance Indicators) bilden, die für die Situation des Unternehmens zum Zeitpunkt der Analyse relevant sind. Die Entwicklungen wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind dabei nur hilfreich, wenn Konsumtrends vorausgesehen und Veränderungen in der Branche rechtzeitig erkannt werden, um darauf reagieren zu können und die Unternehmensziele und Produkte anzupassen.
Doch bevor das ganze Unternehmen nach neuen Produkten umstrukturiert wird, sollte das Kerngeschäft erhalten bleiben. Stabilität ist das A und O, wenn die digitale Transformation fruchten soll. So kann ein Verlag nicht nur die gedruckten Bücher (ja, sie tauchen immer wieder auf) anbieten, sondern parallel einige ausgewählte Werke auch in digitaler Form anbieten, um den Übergang zu meistern. Vor allem, weil sich Selfpublishing durch die eBooks immer weiter verbreitet.
Letzten Endes sind Innovationen immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Wer also mutig ist, Rückschläge und Fehlversuche in Kauf nimmt und sich neuen Denkmustern öffnet, der kann sich mithilfe der digitalen Disruption weiterentwickeln und seinen Platz am Markt behaupten. Dass sich dies nicht nur auf den Bereich der Konsumgüter beschränkt, zeigen auch Dienstleistungsbereiche wie AirBnB oder Uber. Hier sind der Einfluss und die Kraft der Innovation für Unternehmen nicht zu unterschätzen – AirBnB hat inzwischen mehr Buchungen als manch große Hotelkette, obwohl es keine eigenen Immobilien besitzt und nur die Buchungsplattform zur Verfügung stellt.
Während auf der einen Seite also viele Gewinner aus den digitalen Disruptionen hervorgehen, gibt es auf der anderen Seite auch Verlierer, die den Markt zwar erschlossen, ihn aber nicht genutzt haben. Ein Beispiel dafür ist Kodak, der als Marktführer die digitale Fotografie erfunden hat, diese neue Innovation allerdings nicht vermarktete und dann von der Konkurrenz verdrängt wurde und letztlich aus dem Markt ausgeschieden ist. Innovation ist demnach nicht alles entscheidend für den Erfolg. Man muss sich auch ständig mit der Weiterentwicklung der Produkte und Dienstleistungen auseinandersetzen.
Die disruptiven Technologien haben in den letzten Jahrzehnten stark an Fahrt aufgenommen. Digitalisierung bringt ständige Veränderung und fortwährende Weiterentwicklung. Um sich dem Highspeed-Tempo anzupassen, sollten sich die Unternehmen also einen stabilen Helm aufsetzen und sich dann auf die Rennstrecke der Innovation wagen, um als Gewinner der digitalen Disruption hervorzugehen. Sonst singen Sie irgendwann mit The Buggles: „They took the credit for your second symphony, Rewritten by machine on new technology.“
Quellen und Hintergründe:
Bild: Buro Millennial (Pexels, Pexels Lizenz)