Fünf repräsentative Länder mit unterschiedlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch – Analyse und Vergleich wichtiger demografischer Faktoren

29.02.2024  — Von Dr. oec. Juliane Roloff. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH

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Dr. oec. Juliane Roloff: »Fünf repräsentative Länder mit unterschiedlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch – Analyse und Vergleich wichtiger demografischer Faktoren« (In: Rechtshandbuch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, hrsg. von Dr. Sabine BerghahnUlrike Schultz, Auflage 89, Hamburg: Verlag Dashöfer 2024, Abschn. 2.6.1)

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Vorbemerkung

In einem Beitrag der Autorin zur gesetzlichen Handhabung des Schwangerschaftsabbruchs in der WeltJuliane Roloff, 2022 wird u. a. näher auf die vom Center for Reproductive Rights (CRR) erarbeiteten Kategorien I bis V von AbtreibungsgesetzenIm Folgenden nur Kategorie I bis V eingegangen. Diesen sind Länder je nach deren geltender Gesetzeslage zum Schwangerschaftsabbruch – vom generellen Verbot bis zum Abbruch auf Wunsch – zugeordnet. Im vorliegenden Beitrag wird nunmehr jeweils ein Land aus o. a. Kategorien hinsichtlich seines Landesprofils, seiner demografischen Situation sowie des Maßes der Gleichheit zwischen Frau und Mann analysiert. Diese fünf Länder werden zudem miteinander verglichen.Untersuchungsjahr ist generell 2021

Das Auswahlkriterium ist die jeweils höchste Zahl der in einem Land lebenden Frauen im gebärfähigen Alter (15 bis unter 50 Jahre). Gerade diese Frauengruppe ist der Adressat der Abtreibungsgesetze. So ist derzeitig (2021) weltweit für 1,9 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter der Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch sehr unterschiedlich gesetzlich geregelt. Ihr Anteil an allen Frauen in der Welt macht 49,2 Prozent aus.

In Tabelle 1 werden die Länder aufgezeigt, die in folgende Untersuchung stellvertretend für die einzelnen o. a. Kategorien einbezogen werden.

Tab. 1: Untersuchungsländer der Kategorien I bis V nach der Zahl ihrer Frauen im gebärfähigen Alter, 2021 (in 1.000)

* Gilt nicht für alle Bundesstaaten Amerikas. Seit im Jahr 2022 vom Obersten Gerichtshof das in der Verfassung festgeschriebene Recht der Frauen auf einen Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft gekippt worden ist, haben bis jetzt mindestens 25 Staaten Schwangerschaftsabbrüche so gut wie verboten oder mit restriktiven Auflagen versehen.

Datenquelle: UN World Population Prospects 2022; J. Roloff

Länderprofile

Vereinigte Staaten von Amerika

Die Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden USA) umfassen nahezu die gesamte südliche Hälfte Nordamerikas. Die USA ist eine präsidentielle und föderale Republik, bestehend aus 50 Bundesstaaten.Genaueres dazu – siehe unter Liste der Bundesstaaten der Vereinigten Staaten – Wikipedia Die „Demokratische Partei“ und die „Republikanische Partei“ sind die beiden bestimmenden politischen Parteien.

Die USA sind die größte Volkswirtschaft der Welt und haben das weltweit achthöchste Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Struktur der Wirtschaft ist stark auf Konsum und Dienstleistungen ausgerichtet.Weiteres dazu: Vereinigte Staaten – Wikipedia

Derzeitig leben in den USA 337 Millionen Menschen, wovon 170 Millionen bzw. 50,5 Prozent Frauen sind. Mit 57,8 Prozent (2019) ist die Mehrheit der Bevölkerung Weiße; Hispanics und Latinos sind mit 18,76 Prozent die zweigrößte Bevölkerungsgruppe und Afroamerikaner stehen mit 13 Prozent an dritter Stelle.

Im Jahr 2022 waren rund 41 Prozent von 22.984 Befragten in den USA Anhänger einer protestantischen Glaubensgemeinschaft. Darunter waren 13,6 Prozent weiße Evangelikale und 13,9 Prozent weiße Mainline Protestanten.„Mainline Protestanten in den USA sind insgesamt moderater und liberaler eingestellt, verloren aber in den letzten Jahrzehnten an Mitgliedern. Als mainline Kirchen gelten beispielsweise die amerikanischen Baptisten, die evangelisch-lutherische Kirche der USA oder die methodistische Kirche“ (USA – Religionszugehörigkeiten 2022 | Statista. 23,1 Prozent der o. a. Befragten gaben an, katholischen Glaubens zu sein. Dahingegen waren 26,1 Prozent religiös ungebunden. Jedoch spielen Kirchen, wie später noch zu sehen sein wird, generell in den USA eine große gesellschaftliche Rolle.

Brasilien

Brasilien ist eine präsidiale Bundesrepublik. Sie besteht aus Bund, BundesstaatenNäheres – siehe: Liste der Bundesstaaten Brasiliens – Wikipedia und Kommunen. Die gesetzgebende Gewalt übt der Nationalkongress aus (Abgeordnetenkammer und Senat)“ (Auswärtiges Amt, 2023). Der Fläche und Bevölkerung nach ist Brasilien das größte Land Südamerikas, d. h. es nimmt rund 47 Prozent der Gesamtfläche Südamerikas ein.

Brasilien ist, betrachtet man sein BIP,Im Jahr 2016 machte es rund 1.800 Milliarden US-Dollar aus. die neuntgrößte Volkswirtschaft in der Welt. Die Förderung von Bodenschätzen, insbesondere von Eisenerz, Gold, Kupfer, Aluminium und Nickel und die Landwirtschaft, darunter hauptsächlich die Produktion von Zuckerrohr, sind die wichtigsten Wirtschaftszweige Brasiliens.

In Brasilien leben zurzeit 214,3 Millionen Menschen. Davon sind 109 Millionen, d. h. 50,9 Prozent weiblich. Die Bevölkerung Brasiliens umfasst folgende vier Hauptgruppen:

  • „die Portugiesen, die ursprünglichen Kolonialisten,

  • Die Afrikaner, die als Sklaven nach Brasilien verschleppt wurden, wurden Afrobrasilianer

  • verschiedene Einwanderergruppen, hauptsächlich aus Europa (Italiener, Deutsche, Spanier, Polen und Ukrainer) und Asien (Japaner, Koreaner, Libanesen und Syrer), die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Brasilien angesiedelt haben,

  • einheimische Volksgruppen der Tupi- und Guarani-Sprachfamilien“ (ebenda).

Diese Bevölkerungsgruppen haben sich mit der Zeit immer mehr vermischt, so dass eine klare Zuordnung nicht mehr möglich ist.Näheres dazu kann man bei Gawora, de Souza Ide, Barbosa, 2011 nachlesen.

„Die Kirchen sind mittlerweile ein wichtiger gesellschaftlicher und politischer Faktor in Brasilien. Immer mehr Menschen wenden sich den ultrakonservativen Pfingstkirchen zu. … Während sich 1990 noch mehr als 80 Prozent der Bevölkerung als katholisch bezeichneten, waren es 2020 nur noch rund 50 Prozent. 32 Prozent der Bevölkerung verstehen sich mittlerweile als evangelikal – Tendenz steigend. Laut Berechnungen könnten die bibeltreuen Christ*innen schon bald die Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung stellen“ (Franzen, 2022, S. 95).

Pakistan

Pakistan, ein Staat in Südasien, „ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad. Daneben kontrolliert es die Gebiete Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir auf der pakistanischen Seite Kaschmirs. Eine wichtige Rolle im staatlichen Gefüge spielt das Militär, auch unter der Regierung von Imran Khan. Vor allem auf dem Land dominieren feudale Machtstrukturen aus (vor-) kolonialer Zeit“ (Auswärtiges Amt, 2023).

Pakistan produziert neben dem Bergbau insbesondere Textilien, die hauptsächlich für den Export, hierunter vor allem nach den USA, China und Großbritannien, bestimmt sind. Zudem sind zu nennen die Erzeugung von Baumaterialien, Chemikalien und Pharmazeutika, Stahlerzeugnisse sowie Fahrzeugteile (vgl. Wirtschaft Pakistans). Jedoch heißt es beim Government of Pakistan, Federal Bureau of Statistics: „Trotz großer Fortschritte in der Industrialisierung und der Entwicklung des Dienstleistungsbereiches seit der Unabhängigkeit ist Pakistans Volkswirtschaft nach wie vor stark von der Landwirtschaft geprägt.“ So waren in den Jahren 2020/2021 über ein Drittel (37,5 Prozent) der Arbeitnehmer im Alter ab 10 Jahren in der Land- und Forstwirtschaft und dem Fischfang beschäftigt (Pakistan, Bureau of Statistics, Tabelle 15).

Die Bevölkerungszahl Pakistans beträgt gegenwärtig 231,4 Millionen, womit dieses Land den 5. Platz der bevölkerungsreichsten Länder in der Welt einnimmt. Nahezu die Hälfte (49,5 Prozent) der Pakistani sind weiblich.

In Pakistan ist der Islam die Staatsreligion und Hauptreligion und es ist das einzige Land, das im Namen des Islam gegründet wurde (weiter dazu – Religion in Pakistan – WorldAtlas). Somit sind nahezu alle Pakistani (96,5 Prozent) Muslime; davon gehört die große Mehrheit (85 bis 90 Prozent) zu den Sunniten, dem Hauptzweig des Islam, und wenige 10 bis 15 Prozent zu den Schiiten. Christen und Hindus sind mit 3,5 Prozent in der Minderheit. „Es gibt Anhänger einer Vielzahl von Konfessionen, wobei der römische Katholizismus die größte ist. Gewalttätige Angriffe auf Christen wurden während des Zia ul-Haq-RegimesMuhammad Zia-ul-Haq war der sechste Präsident Pakistans von 1978 bis 1988 (Muhammad Zia-ul-Haq – Geschichte Pak (historypak.com). immer häufiger, ein Trend, der sich danach mit der Zunahme religiöser Auseinandersetzungen fortsetzte“ (Ziring, Burki, 2023).

Indien

Das südostasiatische, zudem den größten Teil des indischen Subkontinents umfassende Land Indien ist „eine Republik mit 28 BundesstaatenSiehe hierzu weiter Liste der Bundesstaaten und Unionsterritorien in Indien – Wikipedia und acht Unionsterritorien. Die indische Verfassung sieht eine föderale Struktur mit beträchtlichen eigenen Kompetenzen der Bundesstaaten vor. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, von denen die erste alle fünf Jahre nach Mehrheitswahlrecht gewählt wird“ (Auswärtiges Amt, 2023).Näheres dazu siehe zudem Wagner, 2014

In Indien wurde das Kastensystem zwar offiziell 1949 durch die Verfassung abgeschafft, hat aber in vielen Teilen des Landes immer noch einen großen Einfluss auf das soziokulturelle Leben.

Indien zählt in Asien auch wirtschaftlich zu den Großmächten. Die größten Wirtschaftssektoren sind Landwirtschaft, Industrie und der Dienstleistungssektor. Der Export von Textilien ist bis heute eine der wichtigsten Einnahmequellen Indiens. Immer wichtiger wird der Dienstleistungssektor, vor allem im Bereich EDV (Software).

Im Untersuchungsjahr 2021 lebten in Indien 1,407 Milliarden Menschen. Davon waren 681,1 Millionen bzw. 48,4 Prozent Frauen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass seit Ende April dieses Jahres Indien offiziell die bevölkerungsreichste Nation der Erde ist. „Indien hat China als bevölkerungsreichstes Land der Welt überholt, so die jüngsten Daten der Vereinten Nationen. Mit 1,4286 Milliarden Einwohnern hat Indien die höchste Bevölkerungszahl der Welt erreicht, während China 1,4257 Milliarden Einwohner hat“ (Sullivan, 2023).

Indien ist durch eine außerordentlich große Vielfalt von Religionen geprägt. Über 80 Prozent der Bevölkerung in Indien praktizieren den Hinduismus. Geregelt wird das hinduistische Leben durch Gesetze innerhalb der Kastensysteme. Der Buddhismus, Jainismus und Sikhismus sind ebenfalls in Indien entstanden und gehören neben dem Hinduismus zu den ältesten Religionen der Welt. Rund 13 Prozent der Inder/innen gehören dem Islam an und 2 Prozent sind Christen.

Deutschland

Das mitteleuropäische Land Deutschland, genauer die Bundesrepublik Deutschland, ist ein demokratischer parlamentarischer Bundesstaat und umfasst 16 Bundesländer.Näheres dazu siehe Deutsche Bundesländer: Alle 16 Bundesländer im Überblick (deutschland.de)

Im Kontext mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP)Im Jahr 2021 betrug das BIP 3,60 Billionen Euro (Quelle: Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2022 | Statista). ist die Wirtschaft Deutschlands innerhalb Europas die größte und in der Welt die viergrößte Volkswirtschaft. Die größten Industriezweige sind der Automobilbau, Maschinenbau, Chemieindustrie sowie die Elektroindustrie.

Die Bevölkerungszahl macht derzeitig in Deutschland 83,4 Millionen aus. Davon sind 42,5 Millionen bzw. 50,7 Prozent weiblich.

„Deutschland ist ein überwiegend christlich geprägtes Land. Im Jahr 2021 betrug die Anzahl der Mitglieder der römisch-katholischen Kirche rund 21,6 Millionen, weitere 19,7 Millionen Personen gehörten der evangelischen Kirche an. Eine weitere vertretene Religion in Deutschland ist der Islam. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geht von insgesamt rund 5,5 Millionen in Deutschland lebenden Muslimen aus. Die Anzahl der Juden betrug im Jahr 2021 rund 92.000“ (Religion in Deutschland und weltweit – Statistiken | Statista).

Demografische SituationAls Datenbasis für dieses Kapitel dienen die UN World Population Prospects 2022.

Altersstruktur und Medianalter

Betrachtet man bei den fünf in die Untersuchung einbezogenen Staaten als erstes die Hauptaltersgruppen: Kinder/Jugendliche (unter 20 Jahre, Bevölkerung im mittleren Alter (20 bis unter 65 Jahre) sowie die Bevölkerung im Rentenalter (ab 65 Jahre), so lassen sich große Unterschiede feststellen. Ist beispielsweise in Pakistan knapp die Hälfte (47,6 Prozent) seiner Bevölkerung unter 20 Jahre alt, liegt dieser Anteil in Deutschland mit 18,5 Prozent um Einiges darunter. Oder: Den vergleichsweisen höchsten Anteil an Menschen im Alter zwischen 20 und 65 Jahren weist mit 62,5 Prozent Brasilien auf. In Deutschland ist über ein Fünftel (22,2 Prozent) der hier lebenden Menschen 65 Jahre und älter, während in Pakistan, Indien und Brasilien dieser Wert keine 10 Prozent ausmacht (vgl. Abbildung 2).

Abb. 2: Hauptaltersgruppen der Bevölkerung in den Untersuchungsländern der Kategorien I bis V,Der Zusatz „Kategorien I bis V“ gilt ebenso für alle folgenden Abbildungen/Tabellen 2021 (in Prozent1))

1) je 100 der Gesamtbevölkerung

Im Kontext mit dem Thema des vorliegenden Beitrages ist es auch interessant zu wissen, wie hoch der Anteil der Frauen im gebärfähigen AlterDeren absolute Zahlen sind in Abbildung 1 (S. 1) ausgewiesen. an der Gesamtzahl der Frauen in o. a. Ländern ist.

In Indien und Brasilien befindet sich mit 54,1 bzw. 52,8 Prozent über die Hälfte der Frauen im Alter von 15 bis unter 50 Jahren, in Pakistan ist es genau die Hälfte. Demgegenüber fallen diese Prozentwerter in den USA mit 45 Prozent und, noch deutlicher, mit 39,4 Prozent in Deutschland niedriger aus.Datenquelle siehe unter Abbildung 2.

Diese Länderunterschiede werden im Medianalter„Das Medianalter teilt die Bevölkerung nach dem Alter in zwei gleichgroße Gruppen: 50 Prozent sind jünger und 50 Prozent sind älter als das Medianalter“ (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung). der Bevölkerung nochmals deutlich (Abbildung 3).

Abb. 3: Medianalter der Bevölkerung, 2021 (in Jahren)

Deutschland hat mit Abstand die älteste Bevölkerung, d. h. sie ist im Schnitt rund 45 Jahre alt. Dem folgen die USA mit rund 38 Jahren. Die innerhalb der Untersuchungsländer jüngste Bevölkerung weist dahingegen mit rund 20 Jahren Pakistan auf und ist gegenüber den in Deutschland lebenden Menschen um rund 25 Jahre jünger (vgl. Abbildung 3).

Diese Altersdifferenzen beruhen auf einer in den Ländern unterschiedlich hohen Intensität des demografischen Alterungsprozesses. Dieser Prozess ist gekennzeichnet durch eine stetig wachsende Zahl der alten und insbesondere sehr alten Menschen und zugleich durch eine stete rückläufige Zahl der jüngeren Menschen. Er vollzieht sich weltweit – allerdings in einem unterschiedlichen Tempo. An dieser Stelle soll ein Beispiel genügen.

Entsprechend von Projektionen der Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen (United Nations Population Division)Diese werden für einzelne Länder und Ländergruppen erstellt. bei Annahme eines künftig mittleren Geburtenniveaus, wird bis zum Prognosejahr 2060 in Indien das Medianalter seiner Bevölkerung von derzeitig 27,6 auf 41 Jahre steigen, was einem Zuwachs von 13,4 Jahren entspricht. In den USA verläuft dieser Prozess langsamer. D. h. hier wird die Bevölkerung im o. a. Jahr voraussichtlich im Schnitt 44,7 Jahre alt sein bzw. gegenüber heute um 7 Jahre älter sein.

Auf den Alterungsprozess haben die drei Faktoren „Geburten/Fertilität“, „Sterbefälle/Lebenserwartung“ sowie „Migration“ einen entscheidenden Einfluss.

Auf deren Status quo wird im Folgenden für die Untersuchungsländer der Kategorien I bis V näher eingegangen.

Geburten und Fertilität

Abb. 4: Rohe Geburtenziffer1), 2), 2021

1) Anzahl der Lebendgeborenen je 1.000 der Bevölkerung

2) Daten in Klammer = absolute Zahl der Lebendgeborenen in 1.000

Im Jahr 2021 wurden in Pakistan je 1.000 der Bevölkerung 6.375 Tausend Kinder geboren. Die rohe Geburtenziffer macht demnach 27,5‰ aus, was innerhalb unserer Untersuchungsländer der höchste Wert ist. Für Deutschland lässt sich demgegenüber mit einer Geburtenziffer von 763 Tausend Geburten je 1.000 der Bevölkerung bzw. 9,2 ‰ der niedrigste Wert feststellen (vgl. Abbildung 4).

Ein genaueres Bild über das Geburtengeschehen in einem Land vermittelt die zusammengefasste Geburtenziffer, umgangssprachlich die Geburtenrate, d. h. die Anzahl der Geburten je Frau innerhalb eines Kalenderjahres (Abbildung 5).

Abb. 5: Zusammen gefasste Geburtenziffer, 2021 (Geburten je Frau)

Auch hier ist Pakistan im Vergleich zu den übrigen Ländern Spitzenreiter. Dort bekommen die Frauen im Schnitt 3,47 Kinder, wohingegen diese Geburtenrate in Deutschland 1,53 Kinder je Frau ausmacht, womit sie unterhalb der für die Reproduktion der Elterngeneration notwendigen Ziffer von rund zwei Kinder liegt. Dies trifft ebenso auf die USA und Brasilien zu (vgl. Abbildung 5).

In Deutschland werden Kinder relativ spät geboren. D. h. die Frauen sind dort bei der Geburt ihrer Kinder im Schnitt 31,1 Jahre alt. Dem folgen die USA mit 29,6 Jahren. In Pakistan beträgt das durchschnittliche Gebäralter 28,6 Jahre und in Indien und Brasilien 27,9 bzw. 27,7 Jahre.

Betrachtet man etwas genauer die altersspezifische Geburtenziffer in Tabelle 2, so kann man feststellen, dass sowohl in Brasilien als auch Pakistan relativ viele Mädchen im Teenageralter Kinder bekommen. So entfallen auf 1.000 der zwischen 15 und 19 Jahre alten Mädchen in Brasilien 45 und in Pakistan 42 Geburten; im Vergleich hierzu sind es in Deutschland keine 10 Geburten. Demgegenüber findet hier das stärkste Geburtengeschehen bei den 25- bis unter 34-jährigen Frauen statt. Ähnlich sieht es in den USA aus, wohingegen in den übrigen Untersuchungsländern die Geburtenraten, insbesondere bei den 20 bis 29-jährigen, Frauen hoch sind (vgl. Tabelle 2).

Tab. 2: Altersspezifische Geburtenziffer1), 2021

1) Zahl der Geburten der Frauen im Alter x

Teenagerschwangerschaften gehen zumeist auch konform mit Kinderehen.„Eine Kinderehe ist die Verheiratung eines Kindes unter 18 Jahren. Meist sind Mädchen betroffen, die mit einem älteren Mann verheiratet werden“ (Alles was du über Kinderehen wissen musst (globalcitizen.org)). Lt. Unicef leben derzeit 640 Millionen Mädchen und Frauen auf der Welt, die vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet wurden. „Fast die Hälfte der Kinderbräute lebt in Südasien (45 Prozent), wobei der zweitgrößte Anteil in Afrika südlich der Sahara (20 Prozent) liegt, gefolgt von Ostasien und dem Pazifik (15 Prozent) sowie Lateinamerika und der Karibik (9 Prozent)“ (Unicef 2023). Für Brasilien fand sich u. a. folgender interessanter Hinweis: „Entgegen weit verbreiteter Vorurteile ist die Kinderheirat in städtischen und ländlichen Gebieten Brasiliens weit verbreitet, was auf eine weit verbreitete kulturelle Akzeptanz dieser Praxis hinweist. Hinter der Kinderheirat steht eine grundlegende Unterwerfung der Frau und die Überzeugung, dass Frauen den Männern unterlegen sind“ (Die Kinder Brasiliens – Humanium).

Sterblichkeit und Lebenserwartung

Ein weiterer wichtiger demographischer Faktor ist zum einen das Maß der Sterblichkeit und zum anderen die Lebenserwartung.

Betrachtet man dazu zunächst die rohe Sterbeziffer, d. h. die Zahl der innerhalb eines Kalenderjahres Gestorbenen je 1.000 der Bevölkerung, so ergibt sich Folgendes.

Abb. 6: Rohe Sterbeziffer1), 2021

1) Daten in Klammer = absolute Zahl der Gestorbenen in 1.000

Im Untersuchungsjahr 2021 entfielen auf 83,4 Millionen Menschen in Deutschland 1.039 Tausend Gestorbene. Hieraus ergibt sich eine rohe Sterbeziffer von rund 13 Gestorbenen je 1.000 der Bevölkerung, womit sie im Vergleich zu den anderen Untersuchungsländern am höchsten ausfällt. Die USA und Indien weisen mit 9,7 bzw. 9,4 Gestorbenen je 1.000 ihrer Bevölkerung fast annähernd gleich hohe Werte auf. In Pakistan sind, relativ gesehen, die wenigsten Menschen gestorben (vgl. Abbildung 6). Dieser unterschiedliche Status quo der Sterblichkeit ist in engem Kontext mit der oben aufgezeigten Altersstruktur der einzelnen Bevölkerungen zu sehen.

Hinsichtlich der Säuglings- und Kindersterblichkeit weist Pakistan den mit Abstand höchsten Wert auf. So starben dort im Jahr 2021 von 1.000 Lebendgeborene rund 52 Kinder vor Vollendung ihres 1. Lebensjahres. Die Sterblichkeitsrate der Kinder, die vor dem 5. Lebensjahr gestorben sind, beträgt rund 63. Indien und Brasilien haben eine nicht ganz so hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit zu verzeichnen, diese ist aber im Vergleich zu den USA und Deutschland auch noch um Einiges höher. In den beiden letztgenannten Ländern ist die Sterblichkeit der Säuglinge/Kinder nahezu marginal (vgl. Abbildung 7).

Abb. 7: Säuglings- und Kindersterblichkeitsrate1), 2021

1) unter 1-Jährige bzw. unter 5-Jährige (ohne Säuglinge) je 1.000 Lebendgeborene

Es ist unbestritten, dass das Ausmaß der Säuglings- und Kindersterblichkeit in einem Land ein deutlicher Hinweis auf das Wohlergehen und die Gesundheit der Kinder dieses Landes ist. Die Ursachen für hohe Säuglings-/Kindersterblichkeitsraten sind: „Mangelhafte medizinische Versorgung und unzureichende Gesundheitssysteme, schlechte hygienische Verhältnisse, fehlende Aufklärung von Frauen und Mädchen, durch Armut verursachte Mangelernährung“ (Liste der Länder nach Kindersterblichkeitsrate – Wikipedia).Näheres dazu siehe u. a. Roloff, 2020

In diesem Zusammenhang heißt es für Pakistan: „In Pakistan ist die Gesundheit eines Kindes schon im jüngsten Alter bedroht. Ungefähr eins von sechs Kindern stirbt vor dem fünften Lebensjahr. Die Hauptursache dafür ist Mangelernährung oder fehlender Zugang zu sauberem Trinkwasser und Versorgung. Jeden Tag sterben rund 1.100 pakistanische Kinder an Durchfall und Krankheiten, welche mit Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene zusammenhängen. Ein weiteres Problem, das zu frühen Kindestoden in Pakistan führt, ist der Ernährungsstatus der Kinder. (Kinder in Pakistan – Humanium).

Und für Indien findet sich folgender Hinweis: „Als häufigste Ursachen für den Tod von kleinen Kindern gelten in Indien Krankheiten wie Lungenentzündungen, Malaria und Durchfallerkrankungen sowie die chronische Unter- bzw. Mangelernährung. (Armut in Indien: Zahlen & Fakten | SOS-Kinderdörfer (sos-kinderdoerfer.de).

Die Höhe der Säuglings- und Kindersterblichkeit in einem Land hat einen entscheidenden Einfluss auf die Lebenserwartung der Bevölkerung dieses Landes.

So haben in Pakistan neugeborene Kinder die Chance, 66,1 Jahre zu leben, in Indien sind es 67,2 Jahre und in Brasilien 72,8 Jahre. In den USA und Deutschland haben die Neugeborenen eine Überlebenschance von 77,2 bzw. 80,6 Jahren.

In unseren Untersuchungsländern gilt, wie auch weltweit, das Phänomen einer gegenüber den Jungen höheren Überlebenschance der Mädchen, wie Abbildung 8 zeigt.

Abb. 8: Lebenserwartung neugeborener Mädchen und Jungen, 2021 (in Jahren)

Beispielsweise haben in Pakistan die neugeborenen Mädchen die Chance, 4,8 Jahre länger als die Jungen zu leben. In Brasilien macht dieser Unterschied 6,4 Jahre aus, wohingegen in Indien er mit 3,1 Jahren im Ländervergleich am niedrigsten ist. Für diese geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Lebenserwartung gibt es bis heute keine ausreichende wissenschaftliche Erklärung.

Von Interesse ist auch, welches Alter die Menschen tatsächlich erreichen. Für unsere Untersuchungsländer soll an dieser Stelle ein Beispiel für das vollendete Alter von 60 Jahren genügen.

In Indien erreichten im Jahr 2021 von 100 der neugeborenen Menschen 75 ein Alter von 60 Jahren. Mit 76 Prozent ist dieser Wert in Pakistan nahezu gleich hoch. In den USA und Brasilien erreicht die übergroße Mehrheit von 86 bzw. 82 je 100 Neugeborenen das Alter von 60 Jahren. In Deutschland liegt dieser Prozentwert mit 93 am höchsten.

Entsprechend der geschlechtsspezifischen Lebenserwartung gibt es ebenso bei dem tatsächlich erreichten Alter zwischen Frauen und Männern, teils erhebliche Unterschiede, wie anhand Abbildung 9 zu sehen ist. In allen Untersuchungsländern vollenden prozentual mehr neugeborene Mädchen als neugeborene Jungen das Alter von 60 Jahren. Beispielsweise trifft dies in Brasilien für 87 Prozent der Mädchen, aber nur für 77 Prozent der Jungen zu, womit dieses Land zudem die vergleichsweise höchste Differenz (10 Prozentpunkte) zwischen den Geschlechtern aufweist. Am niedrigsten ist diese Differenz in Deutschland. Hier werden mit 95 Prozent nahezu alle neugeborenen Mädchen 60 Jahre alt, bei den Jungen sind es mit 91 Prozent auch relativ viele (vgl. Abbildung 9).

Abb. 9: Tatsächlich erreichtes Alter von 60 Jahren der Menschen, 2021 (in Prozent1))

Dass Frauen in einem im Vergleich zu den Männern höheren Maße ein Alter von 60 Jahren erreichen,Und das gilt auch für alle übrigen Altersstufen, wie die Autorin in einer früheren Studie dargestellt hatte (siehe Roloff, 2021). hat seine Erklärung in unterschiedlichen Verhaltensweisen von Frau und Mann. Beispielsweise gehen Männer weniger sorgsam mit ihrem Körper um als Frauen. So ist der Tabak- und Alkoholkonsum bei den Männern höher; auch gehen sie weniger zum Arzt und/oder zur gesundheitlichen Vorsorge. Allerdings gibt es auch genetische Gründe für das längere Leben, die sowohl für Frauen als auch Männer gelten (näheres dazu siehe Roloff, 2021).

Wanderungsgeschehen

Das Wanderungsgeschehen in einem Land hat einen entscheidenden Einfluss aus dessen Alterungsprozess. D. h. wenn beispielsweise sehr viele junge Frauen/Männer auswandern, sinkt zum einen die Zahl der Geburten verbunden mit einem Rückgang an Kindern/Jugendlichen und steigt zum anderen die Zahl der Alten, was mit einer hohen Sterblichkeit einhergeht.

Ein wichtiger Indikator für das Wanderungsgeschehen ist die Nettomigrationsrate, d. h. die Differenz aus Zu- und Fortzügen über die Grenze eines Landes hinweg je 1.000 der Bevölkerung. Bei einer positiven Differenz wird von einer Nettozuwanderung und umgekehrt bei einer negativen Differenz von einer Nettoabwanderung gesprochen.

Anhand Abbildung 10 kann man ersehen, welches der Untersuchungsländer eine positive bzw. negative Bilanz seines Wanderungsgeschehens zu verzeichnen hat.

Abb. 10: Nettomigrationsraten1), 2021

1) Zahlen in Klammern = absoluter positiver bzw. negativer Wanderungssaldo

Von den hier untersuchten Ländern weisen nur Pakistan und Indien eine Nettoabwanderung auf. In Pakistan sind 302 Tausend mehr Menschen aus dem Land ausgewandert als nach dort zugezogen sind. D. h. Pakistan hat auf 1.000 seiner Bevölkerung bezogen 2.035 Menschen infolge von Abwanderungen in andere Länder verloren (vgl. Abbildung 10). Zum Wanderungsgeschehen in Pakistan heißt es in einem früheren Beitrag: „Pakistan ist ein Land, welches seit seiner Gründung in 1947 massiv von zahlreichen Migrationen beeinflusst wird. … Migration ist, so könnte man argumentieren, der Kern der Existenz Pakistans“ (Duwaerts, 2016, S.19). Es wird zudem festgestellt: „Die pakistanische Diaspora„Bei einer Diaspora handelt es sich um eine Gemeinschaft von Bürgern mit gleichen kulturellen oder geografischen Wurzeln, die ihren Ursprungsort durch Emigration oder Vertreibung verlassen haben“ (ebenda, S. 21). ist mit geschätzten neun Millionen Menschen eine der weltweit größten Gemeinschaften. Die wichtigsten Aufnahmeländer liegen zum einen auf der arabischen Halbinsel. So halten sich alleine in Saudi-Arabien ca. zwei Millionen pakistanische Staatsbürger auf. Weitere größere Gemeinschaften gibt es zum anderen im Vereinigten Königreich, … in den Vereinigten Staaten, sowie in geringerem Ausmaß in Frankreich, Italien und in Deutschland. Pakistanische Diasporen gelten in der Regel als gut integriert, insbesondere in Deutschland gehören ihre meisten Angehörigen zur Mittelschicht“ (ebenda, S. 21).

Nicht ganz so hoch wie in Pakistan ist der Wanderungsverlust in Indien. D. h. seine Nettomigrationsrate machte im Jahr 2021 –0,215 Abwanderungen je 1.000 der Bevölkerung aus.

Zum Wanderungsgeschehen in Indien sollen an dieser Stelle zwei kurze Hinweise genügen:

  1. „Indien ist seit langem eine wichtige Quelle für Auswanderer, insbesondere für Wanderarbeiter. Ob als Vertragsarbeiter in europäischen Kolonien, als Bauarbeiter am Persischen Golf oder als Software-Programmierer im Silicon Valley“ (Artikel: Herkunft der größten Migrantenbevölkerung der Welt. | migrationpolicy.org).

  2. „Extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen, Überschwemmungen und der steigende Meeresspiegel führen in Indien zu einem Anstieg der Migration. Das Problem dürfte sich noch verschärfen“ (Indien: Steigende Migration durch Klimawandel | Asien | DW | 21. April 2023).

Für Brasilen, die USA und Deutschland lässt sich im Gegensatz zu Pakistan und Indien ein Zuwanderungsgewinn feststellen, worunter der in Deutschland mit einer Nettomigrationsrate von 3,757 Zuwanderern je 1.000 der Bevölkerung am höchsten liegt (vgl. Abbildung 10).

„Im europäischen Vergleich (Gesamt- und Asylzuwanderung in absoluten Zahlen) ist Deutschland weiterhin das Hauptzielland von Migration. (BMI; BMAF, 2021, S. 15). An anderer Stelle heißt es im Migrationsbericht: „Zwischen 2010 und 2021 wurden rund 16,7 Millionen Zuzüge vom Ausland nach Deutschland registriert. Diese Wanderungszahlen setzten sich aus verschiedenen Migrationsgruppen zusammen wie EU-Staatsangehörigen, Erwerbspersonen, Studierenden, Familienangehörigen sowie Schutzsuchenden… (ebenda, S. 18).Alles Nähere kann im Migrationsbericht nachgelesen werden. „Die Migrationsberichte der Bundesregierung behandeln das Migrationsgeschehen in Deutschland und geben einen umfassenden Überblick über die jährliche Entwicklung von Zu- und Abwanderung. Sie werden seit 2005 jährlich durch das Bundesamt erstellt“ (BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge -–Migration – Migrationsberichte (seit 2004).

Gleichstellung von Frau und Mann

Zum Abschluss dieses Beitrages ist es auch interessant, zu sehen, wie weit die Gleichstellung von Frau und Mann in unseren Untersuchungsländern fortgeschritten ist. Eine Messgröße hierfür ist der Index der geschlechtsspezifischen Entwicklung (Gender Development Index, im Folgenden GDI). Der GDI ist ein sozialer Indikator zur Gleichstellung der Geschlechter in den Ländern der Welt. Er wird seit 2014 vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme, UNDP) jährlich veröffentlicht. Es ist ein zusätzlicher Index zum Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index, HDI).Dieser Index wird seit 1990 im jährlich erscheinenden Human Development Report des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlicht. Er stellt einen Wohlstandsindikator für Staaten dar. Jedoch gibt es auch Kritik an diesem Index – so u. a., dass keine ökologischen oder auch psychologischen, ethischen und spirituellen Faktoren berücksichtigt werden (weiter dazu siehe Der Human Development Index (HDI) aller Länder im globalen Vergleich (laenderdaten.de). Es werden nunmehr für Frauen und Männer getrennte HDI anhand der Daten aus drei Bereichen: Gesundheit (Lebenserwartung), Bildung (Schuljahre) sowie Pro-Kopf-Einkommen berechnet. Die Relation der beiden HDI-Werte zueinander ergibt dann den GDI. Die Werte reichen von 0,001 bis optimal 1,000 (Gleichstand). Bei „GDI-Werten über 1,000 fehlt es an der Gleichstellung von Männern. … Anhand wissenschaftlicher Statistiken der Vereinten Nationen (UN), der Weltbank und anderer Einrichtungen werden Ergebnisse getrennt für Frauen und für Männer berechnet und dann zueinander in Beziehung gesetzt: Je kleiner der GDI, desto stärker sind Frauen benachteiligt gegenüber Männern in Bezug auf die erfassten Lebensqualitäten. Der prozentuale Abstand zwischen dem HDI für Frauen und dem für Männer gilt als Maßzahl für den Gender-Gap“ (Index der geschlechtsspezifischen Entwicklung – Wikipedia).

„Insgesamt ist der GDI ein begrüßenswerter Zusatz zu den Gender-Maßnahmen [der UN]. Er hat eine vorteilhafte direkte Verbindung mit dem HDI, ist leicht zu interpretieren und bedeutungsvoll“Originalzitat: „All in all, the GDI is a very welcome addition to the gender measures. It has a nice direct link to the HDI, is easy to interpret and meaningful …“. (Klasen, 2017, S. 17). Zudem heißt es bei Klasen in einer Kolumne aus dem Jahr 2014: „Der GDI spiegelt die zunehmende geschlechtsspezifische Heterogenität der Welt. Und er zeigt, dass Frauen in einigen Teilen der Welt Männer in verschiedenen Dimensionen der menschlichen Entwicklung überrundet haben“.

Betrachtet man nunmehr den GDI für die Untersuchungsländer im Jahr 2021 in Tabelle 3, so lassen sich hier zum Teil große Unterschiede feststellen.

Den höchsten GDI mit 1,001 weisen die USA auf. Hier liegt der Index der menschlichen Entwicklung mit 0,920 bei den Frauen gegenüber dem der Männer (0,919) etwas höher. Daraus ergibt sich (rein rechnerisch) eine, allerdings geringe, Benachteiligung von Männern. In den übrigen Ländern ist durchweg eine Benachteiligung von Frauen zu verzeichnen, wobei diese in Indien und Pakistan mit einem Gap von 15,1 bzw. 19,9 Prozent am höchsten ausfällt. Der Hauptgrund hierfür ist der zwischen Frauen und Männern hohe Einkommensunterschied (Gender-Pay-Gap), wie anhand Tabelle 4 zu sehen ist.

Tab. 3: Der geschlechtsspezifische Index, 2021

* Die 5 GDI-Gruppen:

Gruppe 1: GDI ab 0,9751 = Gap unter 2,5 % = hohe Gleichheit

Gruppe 2: GDI ab 0,9501 = Gap unter 5,0 % = mittelhohe Gleichheit

Gruppe 3: GDI ab 0,9251 = Gap unter 7,5 % = mittlere Gleichheit

Gruppe 4: GDI ab 0,9001 = Gap unter 10,0 % = mittelniedrige Gleichheit

Gruppe 5: GDI unter 0,9001 = Gap über 10,0 % = niedrige Gleichheit

Datenquelle: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, 2022. S. 39 – 43

Tab. 4: Faktoren des geschlechtsspezifischen Indexes, 2021

* arithmetisches Mittel aus voraussichtlicher Schulbesuchsdauer (im Alter von 6 bis 24 Jahren, einschließlich Studium und durchschnittlicher Schulbesuchsdauer (von Personen ab 25 Jahren)

** in kaufkraftbereinigten internationalen Dollar, $

Datenquelle: ebenda

Es wird nochmals deutlich, dass Indien und insbesondere Pakistan bei den in Tabelle 4 aufgezeigten Faktoren die im Vergleich zu den anderen Ländern ungünstigsten Werte aufweisen. Beispielsweise weisen die indischen und pakistanischen Männer die niedrigste Bildung, dargestellt durch den Faktor „Schuljahre“, auf – und das trifft noch stärker für die Frauen zu.

Abschließend sei festgehalten, dass das Maß der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern in einem Land für die Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch ohne Bedeutung ist. Obwohl beispielsweise in den USA eine im Durchschnitt wohl hohe Gleichheit zwischen Frau und Mann besteht, wurde dort unabhängig davon im letzten Jahr das bis dato liberale Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch gekippt. Es ist Fakt, dass vielmehr die jeweils in einem Land dominierenden Religionen einen erheblichen Einfluss auf die Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch ausüben.Siehe Roloff, 2022 Deutlich wird dies ebenfalls am Beispiel der USA: Dort haben insbesondere die weißen Evangelikalen großen Einfluss auf die US-Politik. Für viele republikanische Politiker (darunter auch Trump) sind sie eine entscheidende Wählergruppe,Im Jahr 2016 wählten rund 77 Prozent der weißen Evangelikalen Trump. und so ist es ihnen gelungen, sich als Machtbasis zu etablieren. Sie sind u. a. ganz klar gegen das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch und haben maßgeblich mit zum o. a. Abtreibungsverbot beigetragen. „Der prominenteste Fall ist die Aufhebung der Grundsatzentscheidung zum Abtreibungsrecht „Roe v Wade“ im vergangenen Sommer. … Trump löste damit sein Wahlversprechen gegenüber den weißen Evangelikalen ein“ (Evangelikale in den USA: Desinformation im Auftrag des Herren | tagesschau.de).

Literatur

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Auswärtiges Amt: Indien: Politisches Porträt, Februar 2023 (Indien: Politisches Porträt – Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)

Auswärtiges Amt: Pakistan: Politisches Porträt, Februar 2023 Pakistan: Politisches Porträt – Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)

Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), (Hrsg.); Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Migrationsbericht der Bundesregierung, Migrationsbericht 2021 (Migrationsbericht der Bundesregierung: Migrationsbericht 2021 (bamf.de)

Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e. V. (Herausgeber der deutschen Übersetzung): Bericht über die menschliche Entwicklung 2022, Überblick (Human Development Report 2021/2022, übersetzt von Großmann, Angela; Birker, Klaus), Berlin 2022

Duwaerts, Kristof: Migrationen: Kern der Existenz Pakistans. In: Luther, Susanne (Hrsg.): Flucht und Migration – Lokal. Regional. Global, AMEZ – Argumente und Materialien der Entwicklungszusammenarbeit, 18, Hanns-Seidel-Stiftung e. V. Institut für Internationale Zusammenarbeit, 2016, S. 18 – 26 (AMEZ_18_Flucht_und_Migration.pdf)

Franzen, Niklas: Nicht totzukriegen: Das Gespenst des Bolsonarismus. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 08/2022, S. 95 (Nicht totzukriegen: Das Gespenst des Bolsonarismus | Blätter für deutsche und internationale Politik (blaetter.de)

Gawora, Dieter; de Souza Die, Maria Helena; Soares Barbosa, Romulo (Hrsg.); Annawald, Mirja (Übers.): Traditionelle Völker und Gemeinschaften in Brasilien, Lateinamerika-Dokumentationsstelle, Kassel University Press 2011

Home | Pakistan Bureau of Statistics (pbs.gov.pk): Table_15.pdf (pbs.gov.pk)

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Klasen, Stephan: Working Paper: UNDP’s gender-related measures: Current problems and proposals for fixing them. Diskussionspapier Nr. 220. In: Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, Februar 2017 (englisch)

Roloff, Juliane: Bevölkerungswachstum und Frauen – dargestellt am Beispiel Malis. In: Berghahn, Sabine, Schultz, Ulrike (Hrsg.): Rechtshandbuch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg, 2020

Roloff, Juliane: Die gesetzliche Handhabung des Schwangerschaftsabbruchs in der Welt – ein Überblick. In: Berghahn, Sabine, Schultz, Ulrike (Hrsg.): Rechtshandbuch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg 2022

Roloff, Juliane: Lebenserwartung, Sterblichkeit und Todesursachen von Frauen und Männern in Deutschland – eine Zeitvergleich. In: Berghahn, Sabine, Schultz, Ulrike (Hrsg.): Rechtshandbuch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Verlag Dashöfer GmbH, Hamburg, 2021

Sullivan, Arthur: Indien hat jetzt mehr Einwohner als China – und hofft deshalb auf wirtschaftlichen Erfolg | Wirtschaft | DW | 02. Mai 2023

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Wirtschaft Pakistans: Aktuelle Lage, Defizite und Unterstützung von außen

Ziring, Lawrence; Burki, Shahid Jared: Pakistan, Enyclopaedia Britannica, 2023 (Pakistan | Geschichte, Bevölkerung, Religion und Premierminister | Britannica)

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