09.12.2024 — Von
. Quelle:In Zusammenhang mit der Flexibilisierung in der Arbeitswelt werden Arbeitnehmer zunehmend nicht nur direkt und unmittelbar im Betrieb ihres Arbeitgebers, sondern auch an anderen Orten, z. B. im häuslichen Arbeitszimmer (Home-Office), direkt vor Ort bei einem Kunden des Arbeitgebers oder in sog. Co-Working-Spaces tätig.
Co-Working-Spaces haben ihren Ursprung in den USA. Ein sog. Co-Working-Space ist ein gemeinschaftlicher Arbeitsplatz, der verschiedene Personen und Unternehmen an einem Ort zusammenbringt. Diese Räumlichkeiten bieten eine flexible Arbeitsumgebung, in der Freiberufler, Start-ups, kleine Unternehmen und manchmal auch größere Firmen gemeinsam Büroflächen und eine gemeinsame technische Infrastruktur nutzen können. Co-Working-Spaces bieten regelmäßig zusätzliche Annehmlichkeiten wie Internetzugang, Besprechungsräume, Gemeinschaftsbereiche und eine Vielzahl von Networking-Möglichkeiten. Kernidee eines Co-Working-Spaces ist, eine kreative Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen austauschen, miteinander und voneinander lernen können.
Fraglich ist, ob es sich bei einem Co-Working-Space um eine erste Tätigkeitsstätte handelt.
Bei einer ersten Tätigkeitsstätte handelt es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, welcher der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
nach Maßgabe von § 9 Absatz 4 EStG
Die Finanzverwaltung vertritt gelegentlich die Auffassung, dass bei einem Co-Working-Space keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, da es sich nicht um eine dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt. Die Frage, ob es sich bei einem Co-Working-Space um eine erste Tätigkeitsstätte handelt oder nicht, kann nicht pauschal mit Ja oder Nein beantwortet werden. Ob es sich um eine erste Tätigkeitsstätte handelt, hängt vom stets vom jeweiligen Einzelfall und dem Gesamtbild der Verhältnisse ab. Von Bedeutung ist auch, ob eine Betriebstätte im Sinne von § 12 Abgabenordnung vorliegt. Von Bedeutung ist auch, ob die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Co-Working-Space nur vorübergehend (z. B. projektbezogen) oder auf Dauer ausgelegt ist.
In der modernen Arbeitswelt ist es inzwischen nicht unüblich, das Unternehmen ein Co-Working-Space nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft als Betriebstätte nutzen. Für die Einstufung der Räumlichkeiten eines Unternehmens als Betriebstätte oder als erste Tätigkeitsstätte eines Arbeitnehmers spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es sich bei den Räumlichkeiten um angemietete oder um eigene Räumlichkeiten des Unternehmens handelt. Entscheidend ist, ob und welche Rechtsbeziehungen zwischen dem Unternehmen bzw. Arbeitgeber und dem Co-Working-Space-Anbieter bestehen.
Von Bedeutung ist auch die jeweilige Struktur, z. B. ob dem Arbeitnehmer ein abgegrenzter Bereich innerhalb des Co-Working-Spaces zur Verfügung steht oder lediglich ein Schreibtisch (Shared Desk) ohne nennenswerte unternehmenseigene Infrastruktur.
Um den nicht gewollten Konsequenzen allgemeiner ertragsteuerlicher Fragestellungen (Betriebstätte ja oder nein) bzw. lohnsteuerlichen Fragestellungen (erste Tätigkeitsstätte ja oder nein) aus dem Weg zu gehen, sollten Unternehmen und Arbeitgeber die jeweiligen Rahmenbedingungen sorgfältig prüfen und keine pauschale Entscheidung, sondern stets eine einzelfallbezogene Entscheidung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse treffen.
Wenn das Co-Working-Space als erste Tätigkeitsstätte anzusehen ist, gelten allgemeine lohnsteuerliche Grundsätze. Ist das Co-Working-Space hingegen nicht als erste Tätigkeitsstätte anzusehen, kommen reisekostenrechtliche Grundsätze zur Anwendung.
Sofern das Co-Working-Space als erste Tätigkeitsstätte zu qualifizieren ist, können sich verschiedene steuerliche Konsequenzen ergeben, z. B. das Fahrtkostenzuschüsse und Reisekostenerstattungen steuerpflichtig sind und ein geldwerter Vorteil bei der Dienstwagenbesteuerung anzusetzen ist.
Bitte beachten Sie, dass die Beweislast beim Arbeitgeber liegt. Daher sollten stets entsprechende Aufzeichnungen geführt und als Anlage zum Lohnkonto genommen werden.
Die Einzelheiten ergeben sich gemäß nachfolgender Übersicht: