07.09.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deloitte, Deloitte, Deloitte.
VR entführt dabei mittels geschlossener Brillen in eine fremde, virtuelle Welt, während AR und Mixed Reality die reale Umgebung mit digitalen Elementen ergänzen – sei es per Smartphone oder Tablet oder mit speziellen Brillen.
„Das Thema VR trat vor gut fünf Jahren auf den Plan, damals traute man der Technologie ein ähnliches Potenzial zu wie seinerzeit dem Smartphone“, erklärt Klaus Böhm, Leiter des Bereichs Media & Entertainment bei Deloitte. „Diesem Hype konnte VR bisher nicht gerecht werden. Nur fünf Jahre nach ihrem kommerziellen Start hatten Smartphones in Deutschland eine Verbreitung von 56 Prozent erreicht. VR steht am Ende des gleichen Zeitraums bei gerade einmal 5 Prozent. Für die aktuelle Ausgabe unserer Consumer Technology Studie haben wir einen analytischen Blick auf Virtual, Augmented, und Mixed Reality geworfen, denn jenseits von Hype und Ernüchterung bleibt eine hochspannende Technologie mit enormem Potenzial für den Consumer-Bereich.“
Für die Studie wurden im Frühjahr dieses Jahres 2000 Konsumenten in Deutschland zu beiden Technologien befragt. Die Hälfte (50 Prozent) kann sich vorstellen, VR zu nutzen. Bei der Art der Anwendungen, an denen potenzielle Nutzer Interesse haben, folgen auf Games (25 Prozent) direkt Filme und Serien (24 Prozent) sowie Dokus und Landschaftsaufnahmen (23 Prozent). Auch auf Musik (18 Prozent), Nachrichten und Sport (je 15 Prozent) sowie Shopping (10 Prozent) mit VR-Brille sind Verbraucher neugierig.
Ein ähnlich vielseitiges Bild zeigt sich auch bei der Smartphone-basierten AR. Besonders groß ist das Interesse der Verbraucher an Navigation und Reiseführern (24 Prozent). Mit etwas Abstand folgen Games und Shopping (je 16 Prozent) sowie Lerninhalte (15 Prozent), Social Media (12 Prozent) und Werbung (8 Prozent). Nicht zuletzt aufgrund des enormen Erfolgs von Pokémon GO im AR-Bereich waren Games bisher das prominenteste Anwendungsfeld von Extended Reality. Doch die Zahlen zeigen, dass bei den Verbrauchern eine große Offenheit herrscht, auch andere Anwendungen auszuprobieren.
„Spiele werden auch weiterhin ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Extended Reality bleiben“, verdeutlicht Klaus Böhm. „Die technikaffinen Gamer sind wichtige Early Adopters und das derzeitige Fundament der Kundenbasis. Die Hersteller sollten die Aufgeschlossenheit der Kunden jedoch nutzen und das Inhalte-Angebot auf weitere Säulen stellen. Zum Beispiel im Konzertbereich gab es hier bereits erste Gehversuche. Gerade in unserem „new normal“ in der Covid-19-Pandemie könnten XR-Konzerte ein attraktiver Kompromiss zwischen Sicherheit und Erlebnis sein.“ Die Investition in XR ist allerdings nach wie vor eine Investition in die Zukunft. Die Kosten von beispielsweise aufwendigen Filmproduktionen für VR dürften die Erlöse zunächst noch übersteigen, deshalb sind nicht nur innovative Start-ups, sondern auch die großen Medien- und Plattformunternehmen mit solider Finanzausstattung gefragt, um die Technologie für Verbraucher attraktiver zu machen.
Diese Investitionen werden sich voraussichtlich auszahlen. Im Jahr 2024 werden in Deutschland mit VR-Hardware und -Inhalten 520 Millionen Euro umgesetzt. Ein kurzfristig negativer Effekt von COVID-19 ist in den Berechnungen bereits berücksichtigt. Augmented und Mixed Reality erzielen 2024 in einem konservativ berechneten Szenario Umsätze von 265 Millionen Euro – das bedeutet, dass sich der Markt auch ohne neue Impulse in den kommenden vier Jahren verdreifacht. Im besten Fall kann sogar ein Marktvolumen von 820 Millionen Euro erreicht werden. Dafür sind jedoch gleich zwei Voraussetzungen zu erfüllen: Eine neue Killer-App wie Pokémon GO und eine innovative Killer-Hardware müssen den Markt mobilisieren.
„Die Etablierung von Extended Reality ist kein Sprint, sondern schickt sich an, zum Marathon zu werden. Trotzdem lohnt es sich, hier zu investieren“, fasst Klaus Böhm zusammen. „Die Consumer Technology Branche konnte in den letzten Jahren mit keiner Innovation aufwarten, die ein vergleichbares Potenzial verspricht. Unsere Prognosen zeigen, dass XR in Deutschland zum Milliardenmarkt werden kann. Wir haben hier einen idealen Showcase für die Medien- und Telekommunikationsbranche. Die Anwendungen erfordern leistungsfähige Hardware, zugeschnittenen Content und schnelle Netze. 5G kann sein Potenzial bei XR-Diensten voll ausspielen. Jetzt gilt es, Konsumenten zu begeistern und für einen „Must have“-Effekt zu sorgen, um aus einer faszinierenden, innovativen Technologie auch einen kommerziellen Erfolg zu machen.“
Bild: bruce mars (Pexels, Pexels Lizenz)