27.07.2021 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Im ersten Teil haben wir Sie über das neue BFH-Urteil vom 16.10.20, VI B 13/20 zur Dienstwagenbesteuerung beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer informiert. Danach gelten die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen nicht nur für klassische Arbeitnehmer, sondern auch für Alleingesellschafter-Geschäftsführer, die für ihre GmbH ertragsteuerlich als Arbeitnehmer tätig werden und denen die GmbH einen betrieblichen PKW aufgrund dienstvertraglicher Vereinbarung auch zur Privatnutzung überlassen hat.
Die Finanzverwaltung beruft sich bei der Dienstwagenbesteuerung regelmäßig auf den auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden Beweis des ersten Anscheins. In diesem Zusammenhang kann unterstellt werden, dass dienstliche Fahrzeuge, die ausdrücklich der schriftlich fixierten Regelungen im Anstellungsvertrag privat genutzt werden dürfen, in der Praxis auch tatsächlich privat genutzt werden.
In diesem Zusammenhang steht es dem Arbeitnehmer frei, den Anscheinsbeweis zu entkräften, z. B. durch die Vorlage eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuches.
Für ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch sind nach Maßgabe von R 8.1 Absatz 9 LStR folgende Mindestangaben erforderlich:
Für Privatfahrten genügen jeweils Kilometerangaben; für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genügt jeweils ein kurzer Vermerk im Fahrtenbuch. Die Führung des Fahrtenbuchs kann nicht auf einen repräsentativen Zeitraum beschränkt werden, selbst wenn die Nutzungsverhältnisse keinen größeren Schwankungen unterliegen.
Soweit Dienstwagen ausschließlich für die betriebliche Nutzung zur Verfügung gestellt werden und eine private Nutzung ausdrücklich nicht erfolgen soll, also der Arbeitnehmer das ihm zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug nicht privat nutzen darf, sollte dies entsprechend im Anstellungsvertrag bzw. in der entsprechenden Nutzungsvereinbarung schriftlich geregelt werden.
Bitte beachten Sie, dass das Nutzungsverbot von der Finanzverwaltung steuerlich immer nur dann anerkannt wird, wenn es tatsächlich durchgeführt wird und nicht nur aus steuerlichen Gründen – also nur zum Schein – ausgesprochen worden ist.
Die Finanzverwaltung verlangt grundsätzlich, dass die Einhaltung des Nutzungsverbots vom Arbeitgeber überwacht wird. Ein geeignetes Mittel zur Überwachung des Nutzungsverbots ist die Auferlegung eines Fahrtenbuches. Dieses Verlangen ist nicht unumstritten.
Viele Arbeitnehmer weigern sich, für ein Fahrzeug, welches nicht privat genutzt werden darf, ein Fahrtenbuch zu führen.
Die Lohnsteuerrichtlinien äußern sich hierzu in R 8.1 Absatz 9 hierzu wie folgt:
(9) Überlässt der Arbeitgeber oder auf Grund des Dienstverhältnisses ein Dritter dem Arbeitnehmer ein Kraftfahrzeug zur privaten Nutzung, gilt Folgendes: (…) Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber kein Kraftfahrzeug zur privaten Nutzung – sondern lediglich zur betrieblichen Nutzung – überlässt, kann in der rechtlichen Konsequenz auch nicht die Anwendung der 1-%-Regelung bzw. die Notwendigkeit der Führung eines Fahrtenbuches abgeleitet werden.
Schwierig wird es, wenn das Fahrzeug nicht nur rein betrieblich, sondern auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden darf. Es ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob es sich bei Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte um betriebliche oder um private Fahrten handelt. Die Finanzverwaltung rechnet in einigen Fällen die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, z. B. bei der Ermittlung des mindestens 50%igen Nutzungsumfangs, vgl. § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, den betrieblichen Fahrten zu.
Zur Vermeidung von unliebsamen Auseinandersetzungen im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung ist es daher empfehlenswert, in allen Fällen, in denen sich ein Dienstwagen direkt oder indirekt in der privaten Sphäre eines Arbeitnehmers befindet, also z. B. für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, dem Arbeitnehmer ein Fahrtenbuch aufzuerlegen. Ist das Fahrtenbuch ordnungsgemäß, können die aus dem Fahrtenbuch gewonnenen Erkenntnisse der Lohnversteuerung zugrunde gelegt werden.
Ist das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß, ist zu klären, ob die Führung eines Fahrtenbuchs überhaupt gesetzlich geboten ist. Entscheidend für die steuerliche Würdigung ist, ob das Nutzungsverbot vom Arbeitgeber ernsthaft gewollt ist und ob es auch tatsächlich eingehalten worden ist. Zu berücksichtigen ist hierbei stets das Gesamtbild der Verhältnisse.
Bei einem Dienstwagen handelt es sich grundsätzlich um ein besonderes Privileg. Die Tatsache, dass ein Dienstwagen ausschließlich betrieblich genutzt werden darf, bringt mit sich, dass dem Arbeitnehmer ein seinem Stand entsprechendes gleichwertiges Privatfahrzeug zur Verfügung stehen muss. Die bloße Aussage, der hochwertige Luxussportwagen würde lediglich betrieblich und privat der Kleinwagen der Ehefrau genutzt, ist weder überzeugend noch ausreichend, um die Umgehung der steuerlichen Spielregeln zu begründen.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: Skitterphoto (Pexels, Pexels Lizenz)