18.03.2021 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Unternehmen sollen Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette zur Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsanforderungen einhalten. Deutschland zieht nach mit dem neuen Lieferkettengesetz und dadurch fürchten deutsche Unternehmen Wettbewerbsnachteile. Daher wurde hart um die Pflichten gerungen. Nach letzten Einigungen zwischen den Bundesministerien brachte das Bundeskabinett den Entwurf auf den Weg. Der Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Großbritannien, Frankreich und die Niederlande haben bereits vergleichbare Rahmenbedingungen geschaffen. Eine EU-weite Regelung lässt zwar noch auf sich warten.
Behandlung wichtiger Praxisfragen
Die EU-Kommission will jedoch schon im Juni einen Entwurf für ein Lieferkettengesetz vorlegen. Geht es nach dem Beschluss des EU-Parlaments vom 10.03.2021, dann erwarten die Unternehmen bei der Sorgfaltspflicht, dem Importverbot und dem Kreis der einbezogenen Firmen deutlich weitergehende Regelungen, als nach dem deutschen Gesetzentwurf.
Ab dem 1. Januar 2023 beansprucht das deutsche Gesetz (nach Verabschiedung) Geltung für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern. Nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind hiervon ca. 600 Firmen betroffen.
Ab dem 01.01.2024 folgen Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern in den Anwendungsbereich. Hier soll es ca. 2.800 weitere betroffene Firmen geben. Nach 2024 soll der Anwendungsbereich des Gesetzes überprüft und ggf. ausgeweitet werden.
Unternehmen sollen Verantwortung dafür übernehmen, dass grundlegende Menschenrechts- und Sozialstandards in ihrer Lieferkette eingehalten werden. Es geht also vor allem um Kinder- und Zwangsarbeit. Das Gesetz verlangt ein systematisches Risikomanagement vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt. Die Sorgfaltspflichten erstrecken sich vom eigenen Unternehmen hin zu unmittelbaren Zulieferern bis zu mittelbaren Zulieferern.
Im eigenen Unternehmen und bei unmittelbaren Zulieferbetrieben muss eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschiedet sein. Diese Unternehmen müssen eine Risikoanalyse durchführen und Verfahren zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte vorsehen.
Es muss ein Risikomanagement (inklusive Abhilfemaßnahmen) zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte implementiert sein. Zudem ist ein Beschwerdemechanismus einzurichten.
Im Fall einer Verletzung muss das Unternehmen im eigenen Geschäftsbereich unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergreifen, die zwingend zur Beendigung der Verletzung führen. Zudem muss es weitere Präventionsmaßnahmen einleiten. Wenn das Unternehmen die Verletzung beim unmittelbaren Zulieferer nicht in absehbarer Zeit beenden kann, muss es einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen.
Bei mittelbaren Zulieferern gelten die Pflichten anlassbezogen. Erst bei Kenntniserlangung von einem möglichen Verstoß bei einem mittelbaren Zulieferer, startet die Pflicht,
Die Unternehmen müssen jährlich einen Risikobericht elektronisch an eine Bundesbehörde (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz Bafa) übermitteln, die die Angaben stichprobenartig oder im Verdachtsfall auf Verzug und Plausibilität überprüft.
Der Gesetzentwurf sieht empfindliche Bußgelder und Maßnahmen vor. Unternehmen, die z.B. keine Risikoanalyse erstellen, müssen mit Geldbußen von 100.000 bis 800.000 Euro rechnen. Bei Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro drohen bis zu 2% des Umsatzes als Bußgeld. Ist die Geldbuße höher als 175.000 Euro, droht zudem ein Ausschluss von der öffentlichen Beschaffung von bis zu 3 Jahren.
Nichtregierungsorganisationen steht zwar kein eigenes Klagerecht zu, sie können aber betroffene Personen bei ihrer Klage vor einem deutschen Gericht unterstützen.