16.12.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: DIW Berlin.
In diesem Jahr setzt die Konjunktur von Quartal zu Quartal ihren Zickzackkurs um die Nulllinie fort und dürfte unter dem Strich um 0,2 Prozent schrumpfen, so die aktuelle Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). 2025 geht es mit einem Wachstum von voraussichtlich 0,2 Prozent wohl nur mühsam bergauf, für 2026 wird mit einem Plus von 1,2 Prozent gerechnet. Damit revidiert das Institut seine Erwartungen abermals nach unten.
„Wir sehen einen kritischen Mix aus konjunktureller Flaute und strukturellen Problemen“, so DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik. „Das macht vor allem dem sonst so exportstarken Verarbeitenden Gewerbe zu schaffen, das als Rückgrat der deutschen Wirtschaft gilt. Neben erhöhten Energie- und Materialkosten und einer immer stärkeren Konkurrenz insbesondere aus China drohen jetzt noch Zölle des designierten US-Präsidenten Donald Trump.“
Das Straucheln der deutschen Industrie schlägt zunehmend auf industrienahe Dienstleistungen und den Arbeitsmarkt durch, was trotz Fachkräftemangels zu Kurzarbeit und mancherorts zu Entlassungen führt. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte zumindest vorübergehend steigen. Der private Konsum stützt das Wachstum derzeit nur begrenzt, obwohl die Realeinkommen weiter zulegen. Zur allgemein eher pessimistischen Stimmung der Verbraucher*innen kommen Sorgen um den Arbeitsplatz, die die Kauflaune zusätzlich trüben. Geld wird lieber auf die hohe Kante gelegt, die Sparquote hat sich zuletzt erneut erhöht.
Die DIW-Konjunkturforscher*innen gehen aber davon aus, dass der private Konsum im kommenden Jahr wieder anzieht – gestützt von weiter steigenden Einkommen, sinkender Inflation und einer wieder stabileren Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Der öffentliche Konsum entwickelt sich im gesamten Prognosezeitraum solide und gibt der Wirtschaft Auftrieb, auch wenn nach dem Ampel-Aus erst einmal ein Bundeshaushalt für 2025 und neue finanzpolitische Impulse fehlen.
Bau- und Ausrüstungsinvestitionen beleben sich nur schwach und bleiben hinter früheren Erwartungen zurück. Wegen der Hängepartie nach dem Koalitionsbruch dürften sich Unternehmen erst einmal mit Investitionen zurückhalten, bis der wirtschaftspolitische Kurs der künftigen Bundesregierung erkennbar ist. Zusätzlich für Gegenwind sorgt die Wiederwahl Trumps, der umfassende Zölle angedroht hat, um die US-Wirtschaft zu schützen. Um den Zöllen zuvorzukommen, dürften Unternehmen einen Teil ihrer Lieferungen vorziehen. Daher könnten die deutschen Exporte in diesem Quartal leicht zulegen. Insgesamt dürften die Ausfuhren in diesem und nächsten Jahr aber zurückgehen, bevor sie 2026 – angeschoben von einer höheren Kapitalgüternachfrage aus dem europäischen Ausland – wieder leicht steigen. Unter dem Strich dürfte der Außenhandel das deutsche Wirtschaftswachstum im Prognosezeitraum aber dämpfen.
Der US-Boom bleibt ein zentraler Treiber des globalen Wachstums und gleicht die schleppende Erholung in vielen anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften sowie in China aus. Der Abstand der Wirtschaftsleistung zwischen den USA und anderen wichtigen Ökonomien wie dem Euroraum vergrößert sich. Im Euroraum setzt sich der allmähliche Aufschwung dank steigender Kaufkraft und sinkender Inflation fort, während die chinesische Wirtschaft schwächelt und das für dieses Jahr angestrebte Wachstumsziel von fünf Prozent verfehlt. Die starke Expansion in den USA dürfte noch bis 2026 anhalten und dann allmählich nachlassen.
In diesem Jahr wird die Wirtschaft in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften voraussichtlich um 1,8 Prozent und in den Schwellenländern um 4,7 Prozent zulegen. Für die Weltwirtschaft wird eine Wachstumsrate von insgesamt 3,7 Prozent erwartet. 2025 und 2026 ist mit einem Plus von 3,6 und 3,7 Prozent zu rechnen.
Trumps Comeback stellt die Weltwirtschaft vor wachsende protektionistische Herausforderungen. Die DIW-Prognose geht davon aus, dass der künftige US-Präsident nicht alle Drohungen wahr macht. Er dürfte aber nach Amtseintritt die von Vorgänger Joe Biden ausgesetzten Zölle auf Stahl und Aluminium aus der Europäischen Union wieder einsetzen und den durchschnittlichen Zollsatz für Warenimporte aus China auf 30 Prozent erhöhen. Viele Ankündigungen werden wohl eher als Druckmittel in bilateralen Verhandlungen dienen.
Eine Verschärfung der geopolitischen Spannungen und der Handelskonflikte würde nach Einschätzung von DIW-Präsident Marcel Fratzscher die Inflation befeuern und die Zentralbanken zwingen, die Zinsen wieder zu erhöhen. Dies hätte tiefgreifende Folgen für Wachstum, Investitionen und Konsum.
Jetzt sei es vor allem die Aufgabe des Staates, stabilisierend zu wirken und Unsicherheiten zu reduzieren: „Auch das politische Vakuum nach dem Ende der Ampel-Regierung sowie mindestens sechs Monate ohne handlungsfähige Bundesregierung und ohne handlungswilligen Bundestag bedeuten, dass die Wirtschaft weiter geschwächt wird“, erklärt Fratzscher. „Es ist daher essenziell, dass alle Fraktionen im Bundestag ihrer Verantwortung gerecht werden und zumindest die dringend notwendigen Reformen und finanziellen Entlastungen noch in dieser Legislaturperiode angehen. Zudem braucht Deutschland mit seinen europäischen Partnern dringend eine überzeugende Strategie, wie sie mit einer erneuten Präsidentschaft Trumps und den zunehmenden Konflikten mit China umgehen.“
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